Zerbrochene Bratwurst
Ich habe schon oft über das Ende der Bratwurstkultur nachgedacht und die zerbrochene Bratwurst scheint mir ein weiteres Zeichen für deren Ende zu sein.
Stellen Sie sich vor, sie erwerben einen beliebigen Gegenstand. Einen Kochlöffel aus Holz oder so.
Die Verkäuferin oder der Verkäufer nimmt den Kochlöffel, zerbricht diesen und steckt ihn in eine Einkaufstüte mit der Aufschrift „täglich beste Kochlöffel“. Danach reichen Sie ihre Kreditkarte über den Tresen, als wäre nichts geschehen. Da gucken Sie nicht schlecht. Oder?
Keine Ahnung, was in Karlsruhe los ist. Als ich letztens auf dem Karlsruher Hauptbahnhof war und den Tod der roten Wurst feststellen musste, hatte er es auch getan. Der Verkäufer.
Er zerbrach eine unterirdisch schlechte Wurst und steckte diese in ein fast noch schlechteres Backwerk. Also Brötchen oder im badischen Weck genannt.
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Scheinbar wusste er, was er mir verkauft und hatte deswegen so wenig Achtung vor dieser gebratenen roten Wurst. Als ich für einen weiteren Test über 500 Kilometer von meinem Basislager in westliche Richtung zurücklegte und auf der Kaiserstraße das Karlsruher Bratwürstchen fand, war der Verkäufer auch im Begriff, das Ding in der Mitte zu zerbrechen. Beim ersten Wurstbruch war die Qualität der Bratwurst schlecht und beim zweiten Test musste ich feststellen, dass diese Thüringer Bartwurst ein starkes Untergewicht hatte.
Einige Zeit später weilte ich wieder in der Badischen Metropole und dachte ich könne diesmal nur gutes berichten.
Denn beim „De Pfälzer“ hatte ich ja einige Jahre zuvor eine der besten Würste meines Lebens gegessen. Die Original Pfälzer Saumagen Bratwurst. Sie war einfach vom Feinsten. Auch die hier beschriebene Wursttestung wäre ohne Tadel und mit einer satten 1 bewertet wurden. Denn die scharfe Feuerwurst war saftig und hatte ausgeglichene Aromen. Selbst der Preis war angemessen und das Weck – also das Brötchen in dem sie zerbrochen lag – war frische Bäckerware.
Man denkt ja, man müsste es nicht erklären. Aber eine Bratwurst sollte wie eine Wurst aussehen und nicht traurig und geknickt im Brötchen landen. Wenn dies allerdings ein feministischer Gestus einer Phalluszerstörung sein sollte, würde es mich nicht wundern. Dann ist halt ein Döner doch schöner als eine zerbrochene Bratwurst.
In meiner Erinnerung gibt es einen Imbissstand, der auch gegrillte Bratwürste (klassisch) verkaufte, sie in eine Brötchen legte und dann auf Wunsch besoßte. Gelegentlich holte ich mir mal eine mit Senf veredelte Grillwurst. Das Brötchen sah so ähnlich aus wie das oben, lang gestreckt, trotzdem war im Brötchen nur ca. 1/3 der Wurst, die anderen 2/3 schauten vorn und hinten raus. So lang war die. Und nicht zerbrochen – welch Frevel!