Thüringen Döner – oder: Stirbt die Thüringer Bratwurst aus?
Nach unzähligen Bratwurstverkostungen, Currywursttestungen und Bockwurstknackversuchen öffnete mir ausgerechnet die Jenaer Bratwurst die Augen – und zwar für den Döner. Denn auf der Rückfahrt von Jena nach Leipzig hieß es: Umsteigen in Gera. Gera, das liegt – so viel ist sicher – mitten in Thüringen, dem heiligen Land der Bratwurst.
Nur: Weder im Bahnhof noch davor war eine Wurstbude zu finden. Kein Grill, kein Duft von Majoran, keine senfbewährte Fettspur am Imbisswagen.
Nichts. Der einzig geöffnete Imbiss: ein Dönerladen mit dem schönen Namen „Thüringen Döner“. Ironie oder Realität?
Und so komme ich – ganz sachlich – auf die Unterschiede zwischen Bratwurst und Döner zu sprechen.
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Was steckt im Thüringen Döner drin – und was sieht man davon?
Beim Döner liegt vieles offen und ehrlich in der Auslage: Salate, Zwiebeln, Kraut, Tomaten, Gurken, Joghurtsoßen. Man sieht, was man bekommt. Natürlich weiß niemand so genau, was sich da am vertikal rotierenden Fleischspieß dreht. Aber das Hähnchen im Thüringen Döner sah jedenfalls vertrauenswürdig aus – goldbraun, saftig, nicht aus dem Grusellabor.
Ich persönlich bevorzuge den Yufka-Döner – besser zu halten, weniger Tropfgefahr, und der Geschmack: einfach stimmig. Der junge Mann hinterm Tresen walzte sogar die Teigfladen frisch aus kleinen Teigkugeln. Das hatte Stil – ganz im Gegensatz zu den oft traurigen Weizenbrötchen, in die man andernorts eine Bratwurst klemmt. Wenn es denn überhaupt noch Bratwurst gibt…
Was ist drin in Wurst und Döner?
In einer klassischen Bratwurst steckt laut Definition meist Schweinefleisch (manchmal auch Kalb oder Rind), dazu Salz, Pfeffer, Majoran, Knoblauch – je nach Region. In der Thüringer Bratwurst darf auch Kümmel, Zitronenschale oder Muskat vorkommen. Der Fettgehalt liegt oft bei 20–30 %. Zusatzstoffe sind bei handwerklicher Herstellung tabu, bei industrieller Produktion wie wir sie an den meisten Wurstbuden finden aber nicht unüblich: Phosphat, Stabilisatoren und Geschmacksverstärker (z. B. Mononatriumglutamat) können enthalten sein.
Beim Döner – wenn nach Leitsatz produziert – besteht das Fleisch aus marinierten Fleischscheiben (Hähnchen, Rind, Lamm) und darf keine Füllstoffe, kein Hack und kein Separatorenfleisch enthalten. Zusatzstoffe wie Phosphat oder Ascorbinsäure sind bei industriell gefertigten Spießen erlaubt. Gleichwohl habe ich bei den Spießen gewisse Zweifel was die Inhaltsstoffe anbetrifft. Dasselbe gilt jedoch auch für jede Wurst.
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Aber: Die Beilagen sind meist frisch – und das ist sichtbar.
Fast Food im Wandel: Warum nicht nur der Thüringen Döner die Nase vorn hat. Also stellt sich die Frage: Thüringen Döner – oder: Stirbt die Thüringer Bratwurst aus?
Der Döner hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten vom „Exoten“ zum Lieblingsfastfood der Deutschen gemausert. Laut Statista ist der Döner mit rund 600 Mio. verkauften Portionen pro Jahr ein Marktführer – Tendenz steigend. Die Bratwurst dagegen: kulturell tief verankert, aber gastronomisch auf dem Rückzug. Wurstbuden verschwinden aus Stadtzentren und Bahnhöfen, während Dönerläden an jeder Ecke auftauchen – oft mit erweiterten veganen oder vegetarischen Angeboten.
Und das hat Gründe: Der Thüringen Döner war eine vollständige Mahlzeit.
Wir haben Teig, Fleisch, Salat und Soße – alles drin. Für faire 7 € (Stand Mai 2025) habe ich in Gera einen Yufka bekommen, der nicht nur sättigte, sondern gleich auch mein Abendessen ersetzte. Das Volumen? Mindestens dreimal so groß wie die XXL-Bratwurst in Jena für 4 € – und dabei sogar irgendwie frischer und nicht versalzen.
Fazit: Ist die Bratwurst noch zu retten, wenn es nun auch Thüringen Döner gibt?
Nach dem Test des Thüringen Döners stellt sich unweigerlich die Frage: Hat die Thüringer Bratwurst eine Zukunft – oder steht sie längst auf der roten Liste der Fast-Food-Arten? Vielleicht braucht sie ein Update. Oder wenigstens wieder einen festen Standplatz am Bahnhof.
Thüringen Döner – oder: Stirbt die Thüringer Bratwurst aus?
Im Duell Bratwurst vs. Döner spricht zurzeit einiges für den Fladen – und weniger für die Pelle.