Frittierte Wurst in Lerwick
Im kulinarischen Leben eines Wurstforschers gibt es Ereignisse, die sich unauslöschlich ins Geschmacksgedächtnis brennen.
Natürlich gab es auch ein Leben vor der Wurst. In diesem wurde ich einst in Kasachstan zu einem traditionellen Festmahl eingeladen – ein opulentes Gelage mit Teigtaschen, Römertöpfen und jeder Menge Hammel.
An den leicht strengen Geschmack des Tieres hatte ich mich bereits gewöhnt. Doch dann kam die Spezialität auf den Tisch, die ich bis heute nicht vergessen habe: eine fingerdicke Scheibe kalten Hammeltalgs. Die Konsistenz? Man stelle sich ein Stück Seife aus der Arktis vor, das beim Kauen am Gaumen klebt und sich nur mit mehreren beherzten Gläsern Wodka herunterschwemmen lässt.
Warum ich das erzähle? Weil mich die frittierte Wurst in Lerwick auf den Shetlandinseln schlagartig an dieses Erlebnis erinnerte.
Ein Geschmackserlebnis, das für den mitteleuropäischen Gaumen… sagen wir: ungewohnt ist. Die Verkäuferin, bei der ich diese lokale Spezialität bestellte, lächelte leicht spöttisch, als hätte sie gewusst, was mir bevorstand.
ANZEIGE
ANZEIGE - ENDE
Die frittierte Wurst von Lerwick ist ein in Fett gebetteter Albtraum für jeden Ernährungsberater: ein weiches Würstchen, eingehüllt in einen frittierten Teigmantel.
Goldgelb, aber nicht knusprig. Und so fettig, dass man sie besser mit zwei Servietten und einem klaren Gewissen verspeist. Der Geschmack? Schwer zu beschreiben – irgendwo zwischen fieser Panade, Altöl und Lebertran.
Während Fish and Chips bei uns als die britische Parallele zur Currywurst gelten, liefert die frittierte Wurst vermutlich noch ein gutes Kalorienpfund obendrauf. Man könnte meinen, sie sei eher Heizmaterial als Nahrungsmittel
Doch solche Kalorienbomben haben auf den Shetlands – genau wie einst in Kasachstan – einen ganz praktischen Zweck: Sie sind Überlebenshilfe im Kampf gegen Wind, Nässe und Temperaturen, die oft eher arkisch anmuten.
Das Klima auf den Shetlandinseln ist rau, feucht und windig – selbst im Juni fühlt sich die Luft an wie bei uns im Oktober. Da ist jede zusätzliche Fettreserve willkommen. Wer hier lebt, isst nicht für die Figur, sondern fürs Überleben.
Auf den Shetland-Inseln herrscht ein raues, maritimes Klima mit viel Wind und Regen. Die Temperaturen steigen im Sommer selten über 15 °C, im Winter fallen sie meist nicht unter 0 °C. Trotz milder Extreme macht das ständige wechselhafte Wetter den Aufenthalt zur echten Herausforderung.
Wer bei der frittierten Wurst in Lerwick Kalorien zählt, hat entweder ein Mietauto mit Sitzheizung – oder ist gerade erst vom Kreuzfahrtschiff gefallen.