Der Weimarer Cranach-Altar
Der Weimarer Cranach-Altar in der Kirche St. Peter und Paul, auch Herderkirche genannt, ist ein typisches Werk von Lucas Cranach dem Jüngeren.
Ein vergleichbarer Altar – auch Epitaphaltar genannt – befindet sich in der Schlosskirche der Augustusburg im Erzgebirge, der 1571 entstand.
Den Namen Herderkirche bekam die Stadtkirche St. Peter und Paul, weil 1776 Johann Gottfried Herder als Oberhofprediger und in weiteren Ämtern – wie als Pfarrer – an die Stadtkirche zu Weimar kam.
Das zentrale Mittelbild des Weimarer Cranach-Altars von 1555
Das zentrale Bild des Weimarer Altars zeigt dominant den gekreuzigten Christus, der sowohl inhaltlich als auch optisch von zentraler Bedeutung ist. Ähnlich wie bei der Predella des Cranach-Altars in Wittenberg, auf dem Martin Luther auf den gekreuzigten Jesus zeigt, dominiert die Christus-Figur das gesamte Bild und ist zentral von Cranach dem Jüngeren angeordnet.
Interessanterweise sind die übrigen Bildteile im Zentrum des Weimarer Altars nicht wie üblich in dieser Zeit nach dem Schema „rechts-links“ aufgebaut, sondern sie staffeln sich aus der Bildtiefe nach vorne. Die Bildelemente im Vordergrund haben ein höheres Gewicht, während im Hintergrund alttestamentliche Typologien dargestellt sind. Die Gesamtanlage des Mittelbildes ähnelt einer Bühne, in der die Abfolge von hinten nach vorne dargestellt wird und so eine Tiefe erzeugt.
ANZEIGE
ANZEIGE ENDE
Beziehungen und Entsprechungen der Bildelemente
Zwischen der linken und rechten Bildseite bestehen ebenfalls Verbindungen. Hinter dem Kreuz wird der Mensch ganz zu recht von Tod und Teufel ins Verderben getrieben, während Moses, umgeben von Propheten, klein im Hintergrund rechts neben dem Kreuz auf die Gebote Gottes im geöffneten Buch verweist. Im mittleren Vordergrund besiegt der auferstandene Christus Tod und Teufel, und Lucas Cranach der Ältere wird symbolisch durch diesen Akt erlöst.
Typologische Verweise
Die Darstellungen des Blutes Christi und der ehernen Schlange aus dem Alten Testament werden miteinander in Beziehung gesetzt. Im Bild kniet ein Mann im Gebet, ähnlich wie andere Betende auf dem Altarbild. Luther hält dem Betrachter einen Bibeltext vor Augen, der wohl die Bedeutung der dargestellten Szenen verdeutlichen soll.
Verbindung zum Abendmahl
Das Lamm Gottes im Mittelbild spielt eine zentrale Rolle, besonders im Zusammenhang mit dem Abendmahl. Das Lamm trägt eine rote Fahne mit der Inschrift: „Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt!“ Diese Darstellung wird zuweilen im evangelischen Gottesdienst vor der Austeilung des Abendmahls gesungen. Der Blutstrahl aus der Seitenwunde Jesu, der Lucas Cranach den Älteren trifft, symbolisiert die rettende Kraft des Blutes Christi, die allen Getauften zugutekommt.
ANZEIGE
ANZEIGE ENDE
Historische und spirituelle Bedeutung
Dieser Altar von Cranach ist nicht nur ein Kunstwerk, sondern auch ein spiritueller Mittelpunkt. Er zeigt den Beginn und das Ende des irdischen Lebens Jesu, was für die Gemeinde von großer Bedeutung war und uns heute eher in seiner bildnerischen Kraft interessiert. So trennt sich der Inhalt von der Kunst in Zeiten der Apostasie.
Der Weimarer Cranach-Altar und seine Einbindung in den Kirchenraum
Der Altar, die Fürstengräber und die Bilder bilden ein prägendes Ensemble, das auch außerhalb der Gottesdienste präsent und als autonomes Gesamtkunstwerk bedeutungsvoll ist. Die Bilder des zentralen Altars aktualisieren und vergegenwärtigen das Heilsgeschehen, das jeden Getauften persönlich betrifft, aber auch den Ungläubigen berührt.
Das Weimarer Luther-Triptychon
1572 malte vermutlich der Schüler von Lucas Cranach, Veit Thiem, das Triptychon mit den Bildnissen des Reformators Martin Luther. Darauf ist er als Augustinermönch, als Junker Jörg und als Magister abgebildet. Veit Thiem war Weinmeister und Ratsherr in Weimar. Er fertigte die drei Bildnisse angeblich nach einem Bildnis an, das sein Lehrmeister von Luther gemacht hatte.
Der Weimarer Sündenfall im Angesicht Christi
Nach der Implosion des „real existierenden Sozialismus“ wurde offenbar, dass die Kirchen, insbesondere die Evangelische, ihre Unschuld endgültig verloren hatten. Ich vermute, dass die schnelle Übernahme von wichtigen Ämtern durch evangelische Popen und Personen des Verwaltungsapparates der evangelischen Kirche eine wirkliche Aufarbeitung der Verstrickungen dieser Glaubensgemeinschaft verhindert hat. Da wir vor dem Altar und Christi stehen, ist Wahrhaftigkeit vonnöten. Meint man. Jedoch lieferte der damalige für Weimar zuständige Superintendent am 4. Dezember 1988 einige Besetzer der Kirche der Stasi aus. Diese Ausreisewilligen und ihre Mitwisser erhielten hohe Haftstrafen. Nachdem die sogenannte friedliche Revolution das Regime beseitigt hatte, zeigte sich, dass nicht nur der Superintendent, sondern auch weitere 80 Pfarrer und Mitarbeiter der evangelischen Kirche Thüringens für das MfS (Stasi) arbeiteten.
Der Weimarer Cranach-Altar hält das aus, dürfte jedoch in seiner Aussagekraft beschädigt sein.