Eine unterschätzte Industrie
Glosse: Eine unterschätzte Industrie – Kultur versus Kater – Die geheime Liaison von Kunst und Spirituosen
2013 setzte die europäische Spirituosenindustrie satte 22,51 Milliarden Euro um. Zum Vergleich: Der weltweite Kunstmarkt erzielt jährlich beeindruckende 60 Milliarden Euro. Auf den ersten Blick mag dies nur eine Randnotiz sein, doch bei näherem Hinsehen offenbart sich eine unerwartete Korrelation, die sowohl Kulturkenner als auch Liebhaber hochprozentiger Getränke zum Schmunzeln bringen könnte.
Wer dachte, dass Kultur der Eckpfeiler unserer Zivilisation sei, irrt gewaltig – zumindest finanziell betrachtet. Denn während die öffentlichen Ausgaben für Kultur immer wieder als besonders wichtig hervorgehoben werden, fließt lediglich ein kümmerlicher Bruchteil – genauer gesagt nur etwa 10 % – tatsächlich in künstlerische Projekte. Die restlichen 90 % werden für Theorie, Verwaltung und den Unterhalt von Immobilien veranschlagt.
Es stellt sich die Frage: Wären wir vielleicht besser beraten, wenn unsere Kulturbeamten ein Glas mehr trinken würden? Dann würde eine unterschätzte Industrie zum Gemeinwohl ein Stück weit beitragen.
Stellen wir uns vor, die ohnehin schon gut frequentierten Vernissagen und Opernpremieren würden nicht nur von kunstbegeisterten Besuchern, sondern auch von ambitionierten Schnapstrinkern bevölkert. Die Umsatzsteigerung in beiden Sektoren wäre wohl garantiert. Ein gepflegter Single Malt oder ein edler Cognac zur Finissage – könnte dies die Lösung sein, um den Kulturhaushalt zu entlasten und gleichzeitig die Kreativität zu beflügeln?
Natürlich ist dies eine Überlegung wert. Denn es lässt sich nicht leugnen, dass Alkohol und Kunst schon immer eine gewisse Beziehung pflegten. Denken wir nur an die legendären Künstlerkneipen in Paris, wo sich im 19. Jahrhundert Maler, Dichter und Denker bei Absinth und Wein zu bahnbrechenden Ideen inspirieren ließen. Oder an die Geschichten über Hemingway, der bekanntlich nie ohne einen Drink in der Hand zu schreiben begann. Es scheint, als ob ein gewisses Maß an Rausch zum kreativen Schaffen einfach dazugehört.
Die Beziehung zwischen Kunst und Alkohol ist jedoch nicht nur historischer Natur. Moderne Kunstauktionen sind oftmals glanzvolle Events, bei denen Champagner fließt und teure Weine die Runde machen. Hier wird nicht nur die Kunst selbst, sondern auch der Lebensstil, den sie verkörpert, zelebriert. Der Bieter, der den höchsten Preis für ein Gemälde zahlt, könnte ebenso gut derjenige sein, der die exklusivste Flasche im Keller hat.
Andererseits enden die meisten erfolglochen Künstler in der Alkoholsucht.
Doch zurück zur Kulturfinanzierung: Wenn wir schon 90 % der Mittel für Verwaltung und die Kultur-Immobilien ausgeben, könnte ein erhöhtes Konsumverhalten bei unseren Kulturbeamten zumindest für erheiterte Arbeitsatmosphäre sorgen. Vielleicht sollten wir ernsthaft in Betracht ziehen, die Etat-Diskussionen mit einer Runde Wodka-Cola zu beginnen? Schließlich wissen wir, dass das Rechtschreibprogramm es ermöglicht, dass auch angeheiterte Schreiben noch lesbar bleiben.
Aber Spaß beiseite: Die Ernsthaftigkeit der kulturellen Förderung sollte nicht unterschätzt werden. Kunst und Kultur sind essentielle Bestandteile unserer Gesellschaft und verdienen mehr als nur 10 % direkte Finanzierung. Doch ein wenig Humor und die Bereitschaft, über unkonventionelle Ideen nachzudenken, könnten durchaus helfen, neue Wege zur Unterstützung und Wertschätzung der Kultur zu finden.
In diesem Sinne: Prost auf die Kunst! Möge sie immer reichlich fließen – und das nicht nur im übertragenen Sinne denn sie ist eine unterschätzte Industrie.