Der Untergang der Bratwurst
Fröhlich und voller Erwartung flanierte (auf sächsisch schlenderte) ich vom Marktplatz aus die Petersstraße hinauf Richtung untergegangenem Karstadt. Da stand vor Kurzem noch die Wurstbude mit der besten Leipziger Thüringer Bratwurst.
Von einem kenntnisreichen Grillmeister sensibel auf dem Rost zubereitet.
Leipzig hat ein Bratwurst-Buden-Alleinstellungsmerkmal. Es gibt kaum eine Stadt, in der sich so viele Gelegenheiten bieten, im Vorbeigehen ein Thüringer Bratwurst zu naschen. Man bedenke, die Wurst ist das älteste Street Food der Welt. Selbst Goethe schätzte sie und widmete ihr heiße Verse. Und der sagte immerhin „Mein Leipzig lob ich mir! Es ist ein klein Paris und bildet seine Leute“.
Seit der Bratwurstpreis den 4 € gefährlich nahe kommt, ist es mit der Qualität nicht mehr weit her.
Die Wurst auf der Petersstraße erinnerte zwar immer noch an eine echte Thüringer, aber die Zubereitung machte ihr eindeutig den Garaus.
Im gewerblichen Einkauf wird auch nach den Preissteigerungen für eine Thüringer Bratwurst nicht mehr als 1-1,20 € bezahlt. Für diese brutal totgegrillte Bratwurst löhnte ich immerhin stolze 3,80 €. Für die entsprechende Qualität lasse ich mir das gefallen. Der Ertrag pro Wurst dürfte um die 2,50 € betragen. 250-500 Bratwürste verkaufen sich auf der Petersstraße von 10:00 bis 15:00 Uhr lässig. Ich traue mir an dieser Stelle nicht weiterzurechnen.
Man kann vieles machen, – aber dann sollte es gut sein.
Der Untergang der Bratwurst hat einen Grund. Die Gier.
Kann der Betreiber der Wurstbude die Angestellten nicht ausbilden? Eine Bratwurst zu grillen ist kein Hexenwerk, muss aber trotzdem erlernt werden. Zum wiederholten Mal haben trockene und nahezu verbrannte Bratwürste meine gustatorische Wahrnehmung aufs Äußerste strapaziert. Ein Bratwurstforscher erträgt vieles, wird aber irgendwann zum Döner greifen.
Ich traue mich nicht mehr, die Qualität des Wurstbräts unter dem verbrannten Darm zu bewerten.
In diesem Zustand ist es unmöglich auch nur den Geschmack zu erahnen. Ich bemerke jedoch, dass auch der verwendete Darm oft zäh und hart wie ein alter Latschen ist. Tröstliche Beispiele habe ich in Freyburg und Naumburg nahe dem Dom gefunden.