Meininger Heimatwurst
Es gibt wenige Dinge die man mit Thüringen so verbindet, wie die Thüringer Rostbratwurst.
Meine Stadt, meine Bratwurst – Meininger Heimatwurst.
Die Thüringer Bratwurst – sie ist den Thüringern so heilig wie das Amen in der Kirche. Und das will was heißen. Der gemeine Thüringer, ein bisschen eigen und manchmal mit einer Vorliebe für fragwürdige politische Entscheidungen ausgestattet, wird zur wahren Majestät, wenn es um seine Bratwurst geht. Denn die ist unantastbar!
Und wer isst diese Heimatwurst mit dem größten Genuss?
Der Auswärtige, der Tourist! Kaum hat er Thüringer Boden betreten und gerät in die Nähe eines Bratwurststandes, wird er magisch angezogen – wie die berühmte Motte vom Licht. Schon so mancher verlor sich dabei in der verzückten Suche nach dem perfekten Biss, berauscht von dem Duft, der einem das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt. Aber was wird aus der Thüringer Heimat- und Bratwurst, wenn das namensgebende Thüringen seinen Ruf verliert und niemand mehr nach Meiningen kommt?
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Um dieses kulinarische Heiligtum zu bewahren, musste die Thüringer Bratwurst natürlich vor Nachahmern geschützt werden. Oder lässt man zukünftig lieber die Bezeichnung Thüringer weg, um die Wurst zu schützen?
Denn seit 2004 genießt sie den geografischen Schutz. Das bedeutet, dass mindestens 51 % der Rohstoffe aus Thüringen kommen müssen – und glauben Sie mir, es gibt wohl kaum etwas Thüringerischeres als das. Also schützt Thüringen und seine Wurst.
Die erste urkundliche Erwähnung dieser Wurst geht übrigens auf das Jahr 1404 zurück. Und jetzt kommt mir bloß keiner und sagt, dass nichts ewig währt. Die Thüringer Bratwurst tut es. Denn worauf kommt es am Ende des Tages an? Richtig, es geht immer um die Wurst. Auch wenn manch einer meint, es gäbe Wichtigeres im Leben.
Ich als international anerkannter Wurstverkoster und Forscher (ja, das ist ein Titel, den ich mir selbst verliehen habe, und ich stehe dazu!) sehe es als meine heilige Pflicht an, die Qualität jeder Wurst penibel zu prüfen.
Bei der Meininger Heimatwurst scheint es der Fleischer fast zu gut gemeint zu haben. Diese Wurst war fest – ein wahrer Fels in der Brandung der Bratwurstwelt.
Sie zerfloss nicht ganz so schlotzig auf der Zunge wie die später in Leipzig verkostete, doch das war vielleicht auch ihre Stärke.
Die Konsistenz, sagen wir mal, kernig. Der Fettanteil im Brät war wohl etwas niedriger, als es mein verwöhnter Gaumen gewohnt ist. Aber aromatisch? Eine Offenbarung! Die Krönung war das Trägermaterial, das Brötchen, frisch vom Bäcker – knusprig und doch luftig. Also, trotz der kleinen Festigkeit, bekommt die Meininger Heimatwurst 9 von 10 Punkten auf meiner nach oben offenen Bratwurstskala. Man will ja nicht päpstlicher sein als der Papst!
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INFOBOX
Übrigens: Meiningen ist eine ganz außergewöhnliche Stadt. Neben der Wurst bietet sie ein hervorragendes Theater, eine städtische Galerie, und viele weitere Sehenswürdigkeiten. Wer hier auf Besuch ist, sollte unbedingt auch die Thüringer Klöße probieren – und als Überraschung des Tages vielleicht meine neueste Entdeckung: den Blutkuchen. Keine Angst, der Name klingt schlimmer, als er schmeckt! Als ich die erste Fassung dieses Textes im Frühjahr 2019 schrieb, war noch alles (einigermaßen) gut. Aber jetzt – im Sommer 2024 -nachdem die extremen Parteien die Mehrheit errungen haben, bleibt mir meine geliebte Thüringer Bratwurst im Halse stecken.