Drei im Weckla und die Gierflation
Der Nürnberger ist ein stolzer und geschäftstüchtiger Mensch und hat natürlich seine eigene Bratwurst entwickelt. Denn Würste, insbesondere Bratwürste, sind dazu angetan, Identität zu vermitteln und Geld in die Kasse zu spülen.
70 Gramm Nürnberger Bratwurst im Brötchen kosten 4 Euro. Beim Großhändler METRO bekommen Sie 3,6 kg Bratwürste für 5,99 Euro. Das bedeutet, dass 100 Gramm Bratwurst lediglich 17 Cent kosten. Drei im Weckla und die Gierflation spiegel ein Zeitphänomen. Lesen Sie weiter.
Nun stellt sich die Frage: Wie mache ich aus 17 Cent 4 Euro? Verkaufe Bratwurst ist die Antwort darauf. Handle Wurst im Darm, dann wirst du nicht arm.
In Deutschland ist Bratwurst weit mehr als nur ein Gericht. Die Nürnberger Bratwurst ist ein Stück Geschichte, ein einzigartiges Symbol der Nürnberger Kultur und ein Genuss, der weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt ist. Die „Drei im Weckla“ sind ein Muss für jeden Nürnberg-Besucher – gewesen.
Die Nürnberger Bratwurst ist relativ klein im Vergleich zu anderen deutschen Bratwürsten. Jedes Würstchen hat eine Länge von etwa 7 bis 9 Zentimetern und ein maximales Gewicht von ungefähr 20 bis 25 Gramm. Diese handliche Größe macht sie ideal für das in Nürnberg traditionelle Servieren im Brötchen. Drei dieser Würstchen ergeben etwa 75 Gramm. Bis hier her ist ja alles gut.
Adam Riese, der berühmte Rechenmeister, wurde 1492 oder 1493 in Oberfranken, nahe Nürnberg, geboren.
Natürlich war auch er in Nürnberg und hat dort die Drei im Weckla probiert. Später zog er nach Erfurt, da er erkannte, dass eine Thüringer Bratwurst mindestens 100 oft auch 150 Gramm wog und einen geringeren Preis wie die drei im Weggla oder Weckla mit ihren mageren 75 Gramm hatte, die er in Nürnberg verspeiste.
Letztlich ließ er sich jedoch in Annaberg-Buchholz nieder, wo er als Rechenmeister und Bergbeamter tätig war und die dortige Knacker genoss.
Die Erzgebirgische Knacker ist eine grobkörnige Mettwurst mit einem sehr deftigen Geschmack. Auch die Böhmische Rauchwurst, die über den Kamm des Erzgebirges kam, hat ihm sicherlich gemundet.
Heute gibt es das Problem des geografischen Schutzes von Lebensmittelprodukten und der zunehmenden „Gierflation„. Gut gemeint, aber oft kontraproduktiv, entwickelt sich die Qualität solcher geschützten Produkte häufig negativ. Die Würstchen werden kleiner und kleiner und der Preis steigt und steigt.
Die drei im Weckla kosteten 2019 in Nürnberg 1,90 Euro und heute 4,00 Euro. Drei im Weckla und die Gierflation sind Realität.
Für Touristen mögen diese Würstchen eine Versuchung sein – für mich sind diese Bratwürstchen zu diesem horrenden Preis nichts außer ein Zeichen unserer Zeit. Zumal man vor lauter laschen Brötchen kaum das Würstchen schmeckt. Da ist ein Döner oft die bessere Wahl und macht schöner. Aber als Bratwursttester hat man kein Wahl. Aufgeben gilt nicht – denn dieser Beruf ist eine Berufung.
Deinen Argumenten, was die Qualität und den Wert des Produktes bzw. der Ausgangsprodukte und ihrer Behandlung betrifft, folge ich ja. Aber trotzdem berücksichtigen deine Betrachtungen die Drumrumkosten nicht, die auch anfallen (ob nun was verkauft wird oder nicht) und die sich auch im Produkt abbilden, ohne – kulinarisch gesehen – dazugehören. Nehmen wir mal 1 Monat, Mo-Fr 8-18 Uhr zzgl. Vor- und Nachbereitung, also 20 Arbeitstage, 2×5000€ Lohnkosten (VZ inkl. Arbeitgeberanteil), Standmiete 5000€, Strom, Wasser 500 €. Macht 15500 €. Und wenn man dann 10000 Stück irgendwas verkauft (was auch 500 am Tag ist), sind 1,55 € pro Stück allein die Drumrumkosten.
Einerseits ja. Und andererseits nein. Wie ich im Beitrag erwähnt habe, kosteten die 3 im Weckla unweit der hier beschriebenen Würstchen 2019 1,90 €. Eine faire Bratwurst hat 130 Gramm Lebendgewicht. Die Drei im Weckla bringen es mit Mühe und Not auf 75 Gramm. Die Herkunft und Qualität des Fleisches sind unklar. Zum Beispiel: Die hervorragende Bratwurst auf dem Hauptbahnhof. Diese stammte vom glücklichen Schwein, wog satte 130 Gramm und kostete 2022 3,50 €. Die Kalkulationsbedingungen werden ähnlich sein, denn im Zentrum von Nürnberg ist fast ganzjährig der Teufel los.
Ich stelle seit einiger Zeit leider fest, dass es nicht nur im Handel Mogelpackungen gibt. Auch das Gewicht der Bratwürste ist von der Schwindsucht befallen, wie man in meinem Beitrag „Karlsruher Bratwürstchen“ lesen kann (Siehe Link unten). Natürlich mit Beweisfoto auf einer Briefwage.
https://blog.thomas-gatzemeier.de/karlsruher-bratwuerstchen/
Damit nicht aller Zorn an mir hängen bleibt die Meinung eines „Eingeborenen“ auf der Google Seite des Bratwurststandes.
War gestern 27.05.2024 dort und wollte mich mit 3 im Weggla belohnen. Schämt Euch, das als „Nürnberger“ zu verkaufen! Was denken wohl die Touristen über unsere so leckeren Bratwürste!! Das sind jedenfalls keine Beispiele! Geschmack, null. Würste viel zu klein! Eine Nürnberger muss 7- 9cm lang sein, das se sich Nürnberger nennen darf! Sind auch vorgebrühte und dementsprechend Geschmacklos! Investiert das Geld mal in die Schulung vom Personal und gebt mal etwas mehr Geld für die Beschaffung der Würste aus! Schämt Euch ihr Nürnberger!
https://blog.thomas-gatzemeier.de/bratwurststand-auf-dem-bahnhof-hannover/
Wie viele „Drei im Weckla“ werden schätzungsweise pro Stunde fabriziert und verkauft? 60? Rechnet sich einfacher, und 120 werden es nicht sein. Nehmen wir dann mal einen normalen Handwerkerstundensatz (Lohn, Nebenkosten, Versicherungen, Steuern, Arbeitsmaterial, …) von auch 60€/h, sind allein diese kosten mit 1€/Weckla mit drin. Wurst, Brötchen, Senf, Bratfett, Kühlung, Lagerung, … nochmal 1€/Weckla. Standmiete, Strom, Gas, Wasser, Abwasser, Standhypothek, Werbung, … da kommt auch noch was zusammen. Da gilt es, das anzuerkennen und zu zahlen. Oder es eben nicht zu essen. Ganz einfach. Und wie heißt es doch immer so schön: Für den Preis kannste es nicht selber machen (wenn Du deine eigene Arbeitszeit mit einrechnest, was immer gern vergessen wird.)