Die Sonne im Barberini Teil 1
Thematische Ausstellungen sind eine kuratorische Bemühung, um Kunst einer möglichst breiten Masse nahe zu bringen und haben gelegentlich einen besonderen Reiz, weil man Werke findet, die man so noch nicht sah.
Jedoch werden Sonderausstellungen auch häufig als Instrument eingesetzt, um Publikum in die heiligen Hallen der Kunst zu locken. Denn lediglich die berühmtesten Museen sind dauerhafte Publikumsmagneten. Die Sonne im Barberini ist auch ein Besuchermagnet denn das Thema scheint gut anzukommen und die Werbung funktioniert. Einige Tage später besuchte ich das Museum Gunzenhauser in Chemnitz und war (fast) allein. Warum? Dazu später.
Die Ausstellung „Die Sonne – die Quelle des Lichts in der Kunst“ im Barberini zu Potsdam übertrieb es allerdings ein ganz klein wenig mit der Öffentlichkeitsarbeit.
Denn das berühmteste Werk des Impressionismus und zugleich Namensgeber desselben wurde in Paris ausgeliehen, hing jedoch lediglich acht Wochen in der Ausstellung. Über die Versicherungskosten dieser Aktion schweigt der edle Mann und auch die Frau, ging doch im Jahr 2019 ein Heuhaufen von Monet für 110.7 Millionen Dollar an Hasso Plattner, dem edlen Stifter des Barberini.
Nach dem Motto. Geld für weiche Ware in harte Kunstwerke getauscht.
Wir leben im Zeitalter der Klickraten und spektakulären Überschriften.
Nun ja. Aber muss sich die Kunst daran beteiligen und zum Instagram-Spektakel verkommen? Denn auch ohne einen ikonischen Monet ist diese Ausstellung sehenswert und der interessierte Betrachter kann einiges mitnehmen, wenn er nicht nur auf die zahllosen Sonnen schaut.
Der Apollon im Sonnenwagen von Peter Paul Rubens ist für den Kunstgenießer ein besonderes Ereignis, denn die Virtuosität dieser Malerei ist einzigartig. Es kann gut möglich sein, dass diese Ölskizze als Entwurf gedacht war. Oder gar die Untermalung für ein kleines Gemälde?
Der Sturz des Phaeton aus Ovids Metamorphosen ist ein Sinnbild für unsere Existenz und wurde von zahllosen Künstlern als Thema erkoren und in allen denkbaren Techniken bildhaft umgesetzt. Freilich ist die Story genial und beschreibt unsere Existenz.
Der Bildner schaut jedoch was er aus einem Stoff herausholen kann.
Und deshalb ist das Unvorstellbare gerade gut genug, denn was ist spektakulärer als fliegende und stürzende Menschen. Höllenstürze und Himmelfahrten sind dankbare Motive. Kunsttheoretiker versuchen meist eine Thematik zu verorten, einzutüten und in allerlei Kontexte ihrer zuweilen verknoteten Gedankengänge zu bringen.
Selten achten Kunsttheoretiker auf Handwerk und Umsetzung eines Bildstoffes. Also die Technik im Sinne der Artes mechaicae die es erst möglich macht, ein Kunstwerk von Dauer zu schaffen. Wir haben in unserer Zeit viele Verluste zu verkraften. Ein ziemlich unerträglicher ist der „ungeniale“ Dilettantismus. Es existiert mehr Behauptung als Sein.
Der Zeichner, Bildhauer und Maler sucht nach einer bildnerischen Herausforderung. Ihm – und auch Ihr – ist es herzlich egal, wer da durch die Gegend fliegt.
Hauptsache er oder es fliegt. Extreme Verkürzungen, perspektivische Ausnahmesituationen, die Darstellung eines Soges und Dramatik pur sind ihm vermutlich wichtiger als die dahinterstehende Story. Und der Auftraggeber nahm es gern, denn nichts ist schlimmer als das Gewöhnliche.
Sehr schöner Beitrag, gibt Einblick in die Ausstellung nebst durchdachtem Kommentar. Wenn du weiterhin so gut beobachtest, brauche ich gar nicht gram zu sein, so manche Ausstellung nicht selbst besuchen zu können!