Die Kontinuität des Klassizismus
Anhand der Porträtkunst dokumentiert.
Eigentlich besuchte ich das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg, um die Amazonenschlacht von Anselm Feuerbach zu sehen, die mir vor allem durch die dazu entstandenen Entwürfe bekannt war.
Besonders eine der Aktzeichnungen hatte es mir schon früh angetan und war später die Inspiration für ein kleines Ölgemälde.
Mein Text: Anselm Feuerbach war also auch in Florenz.
Aber ich entdeckte in dem Museum außerdem ein Porträt, welches in meinem internen Bilderarchiv unmittelbar eine Reihung von Bildern erzeugte.
Diese Abfolge von Porträtgemälden ist für mich archetypisch für die Kontinuität der Sachlichkeit, die auch Klassizismus genannt wird, da ihr Ursprung in der römischen und griechischen Antike verortet wird.
Bei der Kunstbetrachtung geht man gern von der Einzigartigkeit einer Schöpfung aus. Viele Menschen empfinden sich auch so – also Einzigartig. Genauer hingeschaut gibt es jedoch in fast jedem Fall Bezugspunkte.
Picassos Kubismus entspringt der Kenntnis Afrikanischer Plastiken und seine „klassizistische“ Phase war von Ingres inspiriert. Wie er, haben alle Künstler Bezugspunkte zu der frühen und näheren Kunstgeschichte.
Freilich könnte ich meine Hypothese mit Beispielen weit nach hinten verlängern. Ich denke da an die Fresken in Pompeji aber auch an Felszeichnungen. Vermutlich ist die Linie der Ursprung alles Bildnerischen.
Stefan Trinks beschreibt in seinem Beitrag in der FAZ „Was von den Orgien in Pompeji übrig bleibt“ treffend, dass Pierre Puvis de Chavannes oder auch Picassos rosa und blaue Periode auf diese Fresken zurückzuführen sind.
Der Raum für Erfindungen ist eng.
Als ich diesen Knaben von Overbeck betrachtete, kam er mir sehr modern vor.
Wenn man jedoch, Overbeck gehörte zu den Nazarenern, bedenkt, dass seine Absicht von heute aus gesehen stink konservativ war, ist man verwundert, sein Werk heute immer noch modern zu sehen. Die Nazarener versuchten die Kunst im Geiste des Christentums und im Rückblick auf die alte italienische und deutsche Kunst zu erneuern. Bis in die Gegenwart hält sich dieser stilistische Ansatz trotz vieler Anfeindungen derjenigen, die einer nebulösen „Moderne“ hinterherlaufen. Freilich ist der Impetus der Erneuerung wie ihn die Nazarener begriffen haben irrelevant.
Es geht um eine Form des bildnerischen Ausdrucks die wir auch beim Amerikaner Axel Katz erkennen.
Goethe schreibt: Von Cornelius und Overbeck haben mir Schlossers stupende Dinge geschickt. Der Fall tritt in der Kunstgeschichte zum ersten Mal ein, daß bedeutende Talente Lust haben, sich rückwärts zu bilden, in den Schoß der Mutter zurückzukehren und so eine neue Kunstepoche zu begründen.“
Aber ist dies Rückschritt oder kann es auch Fortschritt in der Kontinuität sein.
Oder beruhen die Diskreditierungen auf einem Unvermögen. Dem Verlust des Handwerks und einem verqueren Kunst-Fortschrittsglauben der alles Traditionell anmutende aus dem Kunstdiskurs entfernen möchte. Der Amerikaner John Currin und einige Protagonisten der Leipziger Schule wie Matthias Ludwig – und andere – sind würdige Vertreter eines zeitlosen Klassizismus.