Die Kirche Ste-Marie-Madeleine von Vézelay
Wenn eine Kirche ohne Malerei auskommt, dann ist es die Kirche Ste-Marie-Madeleine von Vézelay. Ich weiß das klingt geschäftsschädigend, aber in dieser Kirche wäre jeder Farbfleck zu viel. Selten hat mich ein Gotteshaus dermaßen fasziniert. Allerdings möchte ich hier keine kunstwissenschaftliche Abhandlung veröffentlichen. Wikipedia fasst das Nötige gut zusammen und viele andere Seiten berichten sicher kompetenter, als ich die je könnte.
Sobald man die Kirche betritt und im Eingangsbereich steht, verlässt man die irdene Welt.
Der helle Stein, ich vermute Kalkstein, bricht das einfallende Licht weich. Durch die Viergliedrigkeit der Architektur wird der Raum selbst zu einer begehbaren Skulptur. Die eingearbeiteten Reliefs führen das Auge zu den drei Portalen. Leider war das Mittlere zum Zeitpunkt unseres Besuches verschlossen, sodass wir nicht den gigantischen Blick ins Hauptschiff genießen konnten.
Also betraten wir das romanische Schiff durch das linke Portal.
Die Faszination des Raumes und das einflutende Licht überwältigt den Besucher mit einiger Sicherheit, wenn er am westlichen Ende gegenüber des Chors steht und das gesamte Schiff überblicken kann.
Zweifarbige Gurtbögen überspannen den Kirchenraum und enden auf den oberen Kapitellen. Sechzig Meter sind es vom Portal des Eingangsbereichs bis zu der östlich liegenden gotischen Kapelle. Achtzehn Säulen gliedern den Raum. Hierdurch entsteht ein überwältigender Rhythmus. Eine architektonisch erhabene Melodie.
Sobald man den Blick nach oben wendet, sieht man das Kreuzrippengewölbe und die Gurtbögen, welche auf den Kapitellen enden, deren Vorsprünge wiederum Fluchtlinien bilden. Man wird regelrecht zum Chor hingezogen.
Die Nebenschiffe sind niedriger. Daher nicht so lichtdurchflutet und mystischer.
Dort störte mich jedoch der geschnitzte – ikonografisch wohl passende – Zierrat. Diese Kirche hat für mich leer zu sein. Denn sie ist Skulptur genug.
Weiter geht es in den Chor, nachdem man das Hauptschiff auf sich wirken lies.
Zuerst bemerkt man so etwas wie eine Nahtstelle. Denn wir verlassen die Romanik und treten in die hell aufstrebende Gotik ein. Es wird lichter. Es wird noch filigraner und scheinbar höher, obwohl der Baukörper des Chors niedriger ist.
Dieser Chor ist auf Lichtdurchlässigkeit getrimmt. Seine Wände sind offen und überall befinden sich vertikale Elemente. 144 kleine Säulen ragen wie Orgelpfeifen zur Kuppel.
Als Kontrastprogramm steige ich in die Krypta hinab.
Hier sieht man, dass die Kirche direkt auf Felsen gebaut wurde. Dem Gestein, aus dem sie selbst besteht. Hier verbinden sich Erde und Himmel. Es knistert regelrecht.
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Als hätte man das Ereignis darauf extra inszeniert, spielte eine Nonne auf einer Art Spinett, als ich wieder zurück in das Hauptschiff kam. Dadurch war der Besuch der Kirche Ste-Marie-Madeleine von Vézelay mehr als nur perfekt. Gott liebt mich als Agnostiker doch!
Die auf der Fotografie Richtung Portal zu sehende Kanzel fügt sich eigentlich ganz gut ein.
Wenn ich nicht irre, ist dieses gewaltige Stück barocker Natur. Allerdings – persönlich gesehen – finde ich das Hauptschiff würde ohne dieses voluminöse Stück entschieden gewinnen. Man könnte es ja einer bayerischen Kirche schenken.
Immerhin, die Kanzel ist das einzig störende Element. Auf dem Weg zum Ausgang nutzen wir das südliche Seitenschiff mit dem stärkeren Lichteinfall.
Betrachtet man nach dem Kirchenbesuch das Gebäude von außen, ist man blass erstaunt, wie klein einem der Baukörper vorkommt.
Von der Ferne sahen wir Vézelay auf dem Berg thronen, als wir kamen. Wir kommen wieder.
Auch interessant – die Kirchen welche wir zufällig in Riom entdeckten. Eglise Notre-Dame-du-Marthuret Riom