Das Designe, die Bockwurst und die Raststätte
Wir sind alle verführbar und geben uns den Blendungen des Alltags hin. Zumindest bis wir in eine Wurst beißen.
Der Text „Das Designe, die Bockwurst und die Raststätte“ könnte der Anfang einer Doktorarbeit sein. Eine Promotionsarbeit über „Täuschung in der Autobahn-Gastronomie“ gibt es sicher noch nicht. Obwohl ich als Wurstforscher einen guten bis sehr guten Ruf besitze, hätte ich mir dies nicht antuen müssen. Es grenzt an Körperverletzung gehört aber zum Berufsrisiko!
An diesem Tag musste ich früh los um einen Termin war zunehmen. Der war schnell abgehakt. Auf der Rückfahrt von Heidelberg überwältigte mich ein natürliches Bedürfnis. Dafür verlangte Sanifair, die Betonung liegt auf Fair, 70 Cent und übergab mir maschinell einen Wert-Bon von 50 Cent. Da ich kein begeisterter Wert-Bon Sammler bin, wollte ich diesen einlösen. Ein süßer Riegel erschien mir ungesund. Ich sah, rechts auf dem Tresen, äußerst ansprechend gestalteten Bockwurstschalen stehen. Freilich Müll. Aber interessant.
Ein aufgeschnittenes Brötchen als Verpackung für eine Bockwurst wäre natürlich ökologisch korrekter. Trotzdem, die Neugierde war geweckt und selbst bediente man sich auch.
Eine Bockwurst gehört in ein Brötchen, ein Streifen Senf drauf, und fertig ist das Schnellgericht. So gehört das! Dessen bin ich mir sicherer als ja zuvor.
Die echte Wurst ist ohnehin, verpackungstechnisch gesehen, das ökologischste was es gibt. Natürlich neben der Banane. Diese Südfrucht hat jedoch einen Makel. Es bleibt etwas übrig. Die Schale. Man kann auf ihr fürchterlich ausrutschen und für die Kompostierung soll sie auch nicht geeignet sein. Wenn die Schale dann noch mit Insektiziden verunreinigt ist wird es eklig. Die Wurst im Brötchen dagegen wird vollständig verzehrt.
Also angelte ich eine Wurst aus dem Wurstwarmhalteglaszylinder, platzierte diese exakt auf die dafür vorgesehene Stelle, quetschte den Senf aus der Plastikhülle und legte das Brötchen dazu. Rein äußerlich durchaus ansprechend. An der Kasse dann der Schock. Exakt 3,99 €. Eine Bockwurst mit Brötchen! O.K. Dachte ich. Die muss etwas Besonderes sein.
Ihre Farbe vermittelte den Eindruck sie sei geräuchert. Also hatten sich meine Geschmacksrezeptoren schon darauf eingestellt. Speichel bildete sich in meinem Gaumen. Reingebissen. Es knackt. Und dann die Enttäuschung. Fad, wässrig und mit leicht muffigen Abgang.
P.S. METRO-Großhandel. Einkaufspreis (Gastronomie mit nochmaligen Rabatt): Eine Bockwurst 100 Gramm = 0,40 €. Brötchen = 0,10 € macht 0,50 €.
Dies bedeutet auf den Wareneinsatz einen Gewinn von mindestens 600 % – schöngerechnet. Das ist nicht nur Wucher, denn im Mittelalter wäre jeder Fleischer, oder hier Metzger genannt, an den Pranger gekommen, so er sich getraut hätte eine derart fade Wasserwurst abzuliefern. In dieser Zeit funktionierte noch der Verbraucherschutz.