Thüringer Rostbrätel mit Fassbrause.
Eine kulinarische Erinnerung aus der Kindheit.
Dass ich ein passionierter Bratwurstforscher bin, hat sich herumgesprochen. Trotzdem muss es nicht immer Bratwurst sein, denn Thüringer Rostbrätel mit Fassbrause ist auch ein Kulturgut.
Ich erlaube mir gelegentlich andere Produkte an Imbissbuden und Bratwurstständen zu testen, um so meinen engen Bratwursthorizont zu erweitern. Heute berichte ich über Naumburg im vergangenen Sommer. Die Stadt mit dem berühmten Dom und einem ansehnlichen Imbissangebot ist immer einen Besuch wert.
Das Kulturgut Thüringer Rostbrätel mit Fassbrause ist in den alten Bundesländern weitgehend unbekannt.
Andererseits sind jedoch invasive Wurst- und Fleischprodukte in das Ökosystem der Ost- und Westdeutschen Wurstkultur eingesickert. Weißwurst und Nürnberger Würstchen bekommt man auch außerhalb des Bayerischen vor Freiheit strotzenden Lederhosenstaates.
Freilich haben diese auswärtigen Spezialitäten die Bratwurstbuden östlich der Elbe nicht erobern können, aber in der Gastronomie gehören diese Würste zum gesamtdeutschen Wurst-Repertoire. Andererseits kann es sich in den gebrauchten Bundesländern keine Imbissbude und kein Bratwurststand erlauben, auf die Thüringer Bratwurst zu verzichten.
Rostbrätel sucht man westlich der Elbe jedoch an Imbissständen vergebens.
Das Rostbrätel scheint also zu den geheimen Verschlusssachen der ostdeutschen Küche zu gehören, wie auch die Gerichte Schweinezunge mit Spargel oder die legendäre Gräupchensuppe. Von typisch sächsischen Eierkuchen und der originalen Soljanka nicht zu sprechen.
Ich probierte nach der Thüringer Bratwurst am frühen Morgen zur Kaffeezeit am Nachmittag das Rostbrätel an einem Stand nahe der Naumburger Innenstadt. Da muss man durch. Bratwurstforscher ist ein harter Beruf, der weit über die besagte Wurst hinausreicht.
Ergebnis. Gut gemacht. Fein eingelegtes und saftiges Fleisch. Nix zu meckern. Dazu eine rote Fassbrause. Mehr braucht man nicht, um temporär glücklich zu sein.
Rezept für einfaches Rostbrätel.
Zwei bis drei Zentimeter dicke, gut durchwachsene ausgelöste Nackenkoteletts werden flach- geklopft und in die Marinade eingelegt. Diese besteht aus Bier, Zwiebeln, Knoblauch sowie Senf, Kümmel, Majoran und Salz. Mit grob gemörsertem Pfeffer abgeschmeckt. Das Fleisch ruht 24 Stunden in der Marinade und wird auf dem Holzkohlegrill gegrillt.
Einfach mit Brot oder wie hier im Brötchen. Oder in der Gaststätte mit Bratkartoffeln als Sättigungsbeilage.
Die rote Fassbrause war ein Kultgetränk der sogenannten DDR.
Sie wurde aus dem Fass gezapft und schmeckte deutlich nach Holz. Ein wenig warm und modrig nach Waldboden, was deren besonderen Reiz ausmachte.
Ursprünglich wurde Fassbrause aus Frucht- und Kräuterzusätzen zusammen mit Malzextrakt hergestellt und in Fässer abgefüllt.
Heute wird sie wie eine normale Limonade produziert und unter dem Label Fassbrause vertreiben. Dabei verlor das Traditionsprodukt weitestgehend seinen Charakter.