Die Kölner Mettwurst muß Weltkulturerbe werden!
Einer alten Tradition zufolge ist es für mich eine heilige Pflicht, nach Ankunft auf dem Kölner Bahnhof hurtig dem Ausgang zuzustreben.
Jedoch nicht, um die Augen auf die Pracht des gewaltigen Doms zu werfen. Nein! Zuerst geht es zu „Meister Bock“, um die vor Aufregung klappernden Zähne erbarmungslos in eine heiße Mettwurst zu schlagen.
Erst wenn das würzige Brät, von zartem Darm umhüllt, dem Gaumen Befriedigung gebracht, gehe man hinaus und wende den Blick auf des Domes große Herrlichkeit und umkreise ihn danach gemächlichen Schrittes.
Und während diesen Spazierganges vor sich hinsinnend das Fett aus den Mundwinkeln wischend, denkt man automatisch daran, das es sicherlich – denn so ist es überliefert von anderen geweihten Baustellen dieser Zeit – auch im Jahre 1248, als der Bau des Domes begonnen wurde, in deren Nähe eine Wurstbude ihre Pforten öffnete, um die Bauhüttenleute mit der Kraft der Mettwurst zu versorgen.
Nur weil es Wurst gab, konnte dies Bauwerk entstehen! Daran sollten die Priester denken und auch der Wurst Hochachtung entgegenbringen.
Eine Schande, dass wir diese Wurst, der so viel zu verdanken ist, nicht die ihr gebührende Ehre zukommen lassen. Die Wurst trägt regional die verschiedensten Bezeichnungen. Aber auch Eigenschaft und Geschmack variieren. Mettwurst ist eine Rohwurst aus kräftig gewürztem Hackfleisch.
Als Streichmettwurst, auch Teewurst genannt, ist sie jedoch nicht wurstbudenfähig, da nicht zum Erhitzen geeignet. Aber die fest Gestopfte, eher Grobe und Geräucherte kommt ins heiße Wasser.
In Sachsen nennt sie sich Knacker und ist deutlich stärker mit Kümmel gewürzt als die vom Dom. Der Eichsfelder – noch katholischer als der Rheinländer – nannten eine ähnliche Wurst Feldgieker.
Nach dem Verzehr der Wurst tritt eine tiefe Befriedigung ein. Und das Tagwerk wird fröhlich in Angriff genommen. Dann, am Abend, mit dem Zug Richtung Süden strebend, kommt der schreibende Reisende wieder bei „Meister Bock“ vorbei und sieht Asiatinnen die dem phallischen Ding „Wurst“ ebensolche Bewunderung wie der deutschen Baukunst entgegenbringen, jedoch auch ein wenig ängstlich-unsicher sind. Die Kölner Mettwurst muß Weltkulturerbe um sie weltweit bekannt zu machen.
Kichernd fassen sie das „Ding“ mir spitzen Fingern an, bevor sie eine Plastikgabel und ein Messerchen zur Hilfe nehmen, um die fremdartige Speise auf dem Pappteller in Scheiben zu schneiden und spitzlippig dem kleinen Munde „zuzu“ führen.
Daher ist meine Forderung – Die Kölner Mettwurst muss Weltkulturerbe werden! – legitim. Die Wurst als Botschafter unserer Kultur.
Warum der Kölner jedoch die Bockwurst lang und dünn wie ein Wiener Würstchen macht, verstehe ich nicht. Ich mag sie dick und kurz.
Von diesen Problemen wissen die asiatischen Touristen noch nichts. In Deutschland gleicht keine Wurst der anderen. Und das ist auch gut so. Nur der Berliner hat generell Angst vor ihr und schneidet sie maschinell klein – was immer das bedeuten soll. Diese gehexelte Wurst – brutal mit Soße übergossen – nennt sich dann Currywurst und soll in ihrer Abartigkeit vielleicht verhindern, dass asiatische Touristinnen Angst vor ihr bekommen – vor der Wurst.