Der Tod der roten Wurst
Das Ende einer badischen Wursttradition
Was der Tod der roten Wurst mit der Bundesbahn zu tun hat.
2016 gründete die Deutsche Bahn ein Unternehmen mit dem vielversprechenden Namen „Station Food“ und verfolgte damit, wie so oft, vermutlich große Ziele: eine hohe und möglichst rasche Rendite. Doch dieser anfängliche Elan verpuffte schnell. Bereits 2020 wurde das Konzept, das auf einem einfachen Franchise-System beruhte, verkauft.
Die Idee, Bahnhöfe durch ein modernes und einheitliches gastronomisches Angebot aufzuwerten, klang zunächst vielversprechend. In der Realität blieb jedoch nicht viel von den ambitionierten Plänen übrig. Heute gibt es nur noch zwei Standorte, an denen das ursprüngliche Konzept von „Station Food“ umgesetzt wurde: der Berliner Hauptbahnhof und der Bahnhof in Karlsruhe.
Der Bahnhof Karlsruhe, der mit seinem Station-Food-Angebot einen attraktiven und zeitgemäßen Eindruck hinterlassen sollte, ist ein gutes Beispiel dafür, wie solche Projekte oft ambitioniert beginnen und dann in der Mittelmäßigkeit enden. Ähnlich wie das ZKM (Zentrum für Kunst und Medien), das einst den Anspruch hatte, mit dem Pariser Centre Pompidou zu konkurrieren, scheint auch das Bahnhofsprojekt in Karlsruhe mehr Schein als Substanz zu bieten.
Bahnhöfe in Deutschland sind längst mehr als nur Verkehrsknotenpunkte. Sie dienen als Einkaufszentren, gastronomische Treffpunkte und teils sogar als kulturelle Räume. Der Hauptbahnhof München, etwa, bietet eine große Vielfalt an Restaurants, von Fast Food bis zur gehobenen Küche, während der Leipziger Hauptbahnhof mit seiner beeindruckenden Architektur und der integrierten Shopping-Mall Besucher anzieht. Gleichzeitig gibt es immer noch Standorte, die diesen Standard nicht erfüllen und eher als reine Durchgangsorte wahrgenommen werden.
Das Scheitern von „Station Food“ zeigt, wie schwer es ist, innovative Konzepte in der Bahnwelt nachhaltig zu etablieren. Gründe dafür könnten eine fehlende langfristige Strategie, mangelnde Anpassung an die lokalen Gegebenheiten oder schlichtweg eine zu starke Fokussierung auf schnelle Gewinne sein. So bleibt Karlsruhe mit seinem „Station Food“-Standort eines von wenigen Relikten einer einst ambitionierten, aber letztlich erfolglosen Initiative der Deutschen Bahn.
Mit den üblichen Läden wie Burger King oder auch Gosch oder der Bäckereikette Kamps und Le Crobag werden die zwei Bahnhöfe bestückt und so ihrer regionalen Identität beraubt wie meine Recherche „Berlins Hauptbahnhof und seine Currywurst“ aufzeigt.
Bahnhöfe sind die Visitenkarten der Städte. Und zu einer gelungenen Visitenkarte gehört auch eine vernünftige Bratwurst, Currywurst oder ein vergleichbares kulinarisches Angebot.
Bei „Station Food“ jedoch wurde mir eine der schlechtesten Würste meiner langjährigen Bratwursttesterkarriere serviert. Das einzige Wurstangebot auf dem gesamten Bahnhof war eine sogenannte Rindswurst, regional auch als „rote Wurst“ bekannt. Diese traditionelle Spezialität präsentierte sich als trauriges Beispiel kulinarischer Unfähigkeit: ausgetrocknet, übersalzen und zäh wie Leder. Eine größere Beleidigung der jahrtausendealten Wurstkultur ist schwer vorstellbar.
Es wäre dringend geboten, dass sich der Kulturbürgermeister dieser Angelegenheit annimmt, denn es geht um nicht weniger als den Ruf der ansonsten charmanten badischen Metropole Karlsruhe. Ein gutes Beispiel, wie es richtig geht, findet sich nur wenige Schritte entfernt auf dem Europaplatz: die hervorragende Pfälzer Saumagen-Bratwurst. Sie zeigt, wie man seine regionale Identität stolz und geschmackvoll vertreten kann.
Der Bratwurst-Klassiker in Schwaben und Baden ist die rote Wurst. Ihr Brät ist fein wie das einer Bockwurst, und ein erfahrener Grillmeister schneidet sie vor dem Grillen kunstvoll ein, um ihr ein ansprechendes Aussehen zu verleihen. Doch was ich in Karlsruhe erlebte, war das genaue Gegenteil: eine „tote rote“, lieblos zerbrochen und hastig in einen Weck gesteckt.
Immerhin war diese traurige Wurst dem Fegefeuer der Elektrogrills entkommen. Doch hinter dem Grill türmte sich eine erschreckende Szenerie: vorgebratene rote Würste, lieblos in einem Aluminiumbehälter gestapelt. Auf Nachfrage wurden diese bedauernswerten Exemplare erneut auf den Grill geworfen – erbarmungslos erhitzt, bis jegliche Restfeuchtigkeit und jeder letzte Funke Genuss ausgelöscht waren. Es schien fast, als ginge es darum, die trockenste und zähste Wurst des Universums zu produzieren. Der Tod der roten Wurst ist hier eingetreten.
Eine solch lieblos präsentierte Wurst ist nicht nur ein kulinarisches Desaster, sondern auch ein Affront gegen die regionale Esskultur. Karlsruhe, ihr könnt es besser – und müsst es besser machen.
Wenn es schon mit der Bratwurst nicht klappt, dann ist es um so peinlicher, auch bei der Brezel zu versagen. Wenn jedoch der Tod der roten Wurst eingetreten ist, dann ist ohnehin alles egal!
Das von mir erworbene Exemplar wäre als Salzleckstein tauglich. Im Gegensatz zu Huf tragenden Säugetieren leiden wir Zweibeiner nicht unter Mangel an Natriumchlorid. Dieser Systemgastronomieanbieter mit über 100 Filialen in Deutschland wärmt laut Firmenwebsite Backlinge aus Frankreich auf, hat jedoch keine Filiale in Frankreich. Mittlerweile gehört die Kette der italienischen „Autogrill“. Das mag in einer Marktwirtschaft alles mit rechten Dingen zugehen. Wenn. Ja, wenn da nicht unser Landschaftsminister wäre, der Kraft seiner Autorität, die Brezel zum Weltkulturerbe erhöhen möchte. Respektive erheben lassen.
Beim ersten Biss merkt man, dass der Teig dieser Bahnhofsbrezel eben nicht 12 bis 14 Stunden gegangen ist, der Teig nochmals 20 Minuten ruht und die fertig geschlungenen Teiglinge weitere 45 Minuten im Kühlschrank waren.
Das wird dann nix mit dem Weltkulturerbe. Es gibt noch einige wenige handwerklich arbeitende Bäcker in Karlsruhe.Den Bäcker Meier zum Beispiel. Der bäckt nicht nur saugte Brezeln sondern auch die besten schwäbischen Seelen und Knautzen. So einer sollte im Bahnhof der badischen Metropole vertreten sein und eben keine Hamburger Kette mit italienischen Besitzern die Teiglinge aufbackt welche sich in Frankreich nicht verkaufen lassen.
Kurz. Der Ruf Baden als kulinarisches Paradis steht auf dem Spiel. Die badische Küche wird vom Elsass und Frankreich inspiriert und zählt zu den besten in Deutschland. Dies sollte sich auch auf das kulinarische Angebot auf dem Hauptbahnhof auswirken.