Apoll und Daphne treffen sich im Museum
Oder wie mein Weltbild erschüttert wurde.
Der sicher gedachte bürgerlicher Bildungskanon scheint kein unerschütterliches Fundament zu sein.
Ich sah, Apoll und Daphne treffen sich im Museum ganz unbeschwehrt. Ging ich bis dato davon aus, dass der triebgesteuerte Apoll Daphne in unangebrachter Art bedrängte, verhält es sich mit dem auf jenem hier abgebildeten Porzellanteller dargestellten Paar aus dem Jahr 1525 gänzlich anders. Dieser aus Urbino stammende Teller trägt auf seiner Unterseite die Aufschrift „De apollo e daphne e epene.
Schön aufgeständert und für alle sichtbar steht er unerschütterlich in einer Vitrine des Grassimuseums für angewande Kunst zu Leipzig und stellt bildhaft dar, was ich nicht glauben kann. (Und darf) Apoll und Daphne treffen sich im Museum und haben sich lieb. Ja, sind nahe der Kopulation. Daphne sitzt fast obszön zu nennend auf dem Schoß ihres Verfolgers Apoll und himmelt diesen an.
Kein Fluchtinstinkt vor seiner zärtlichen Annäherung. Sollte der bleierne Pfeil, mit dem sie der Liebesgott Eros traf, seine Wirkung verloren haben?
Die Nymphe fleht auch nicht wie überliefert ihren Vater, den Flussgott Peneus, an „Hilf, Vater, wenn ihr Flüsse göttliche Macht habt! Durch Verwandlung verdirb die Gestalt, mit der ich zu sehr gefiel.“
Sie verwandelt sich nicht in den ihr zugedachten Lorbeerbaum.
Nein! Sie macht es sich auf dem Schoß ihres Peinigers bequem und schaut diesen mit einem eigenartigen Blick an.
Ich muss nicht deutlicher werden. Sie wissen, was ich meine. Apoll und Daphne treffen sich im Museum und der böse Mann ist nicht derjenige, welcher sexbesessen und machthungrig ist. Wird er vom Weib bedrängt? Dies kennen wir von Joseph #MeToo belästigt von Potiphars Weib. Ich beschrieb es.
Es muss angemerkt werden, dass Apoll nicht aus freien Stücken Daphne als Objekt der Begierde wählte.
Amor war es! Der kleine Typ mit Pfeil und Bogen überspannte seine Kompetenzen. Nur weil Apoll ihn ein wenig hänselte, verschoss dieser zwei Pfeile. Der eine bewirkte bei Apoll ein unstillbares Verlangen nach Daphne. Jedoch bekam auch Daphne einen ab, obwohl sie mit dem Streit der beiden nichts zu tun hatte. Dieser verursachte bei ihr eine Abscheu vor Männern. Denn der Pfeil bestand aus Blei.
Mit anderen Worten. Apoll und Daphne treffen sich im Museum und legen ihren durch Amor ausgelösten Streit bei.
Aber wer hat diesen geschlichtet? Da es keine gesicherten Überlieferungen gibt und die Darstellung der auf dem Schoß von Apoll sitzenden Daphne einzigartig ist, stelle ich eine Hypothese auf, die jeder Überprüfung standhält, da nichts Gegenteiliges aber auch nichts Bejahendes darüber zu finden ist.
Aphrodite war es. Die Göttin der Liebe und kompromisslose Förderin des Geschlechtstriebes bekehrte Daphne, kurz bevor diese mit ihrer Verwandlung in einen Lorbeerbaum begann.
Sie erzählte ihr, mit wem sie es getrieben hatte und das dies durchaus Lust bereitet. Es sei auch nicht so schlimm, dass sie dabei ihren Ehemann, den Hephaistos, mit HERMES betrog. Beim Sex meinte sie zu Daphne sei viel besser als zu wenig.
Denn die Welt wäre um einiges ärmer und diverse Geschlechtlichkeit bis heute unbekannt.
Denn 9 Monate nachdem sie von Hermes Lager zu ihrem Ehemann zurückgekehrte, gebar sie ein ES. Hermaphroditos erblickte die Welt und vereinigte in sich männliche sowie weibliche Geschlechtsmerkmale.
Um meine treuen LeserInnen gleich am Anfang nicht gänzlich zu verwirren, verschwieg ich, dass auf dem bemalten Teller noch mehrere Figuren und gar ein gestürztes Pferd zu sehen sind.
Ein augenscheinlich toter Jüngling ist von einem Pfeil in der Brust getroffen und das gestürzte Pferd in der Flanke. War es die Rache Apolls an Amor. Wenn dies sich alles so begab, muss sich die #MeToo Bewegung neu erfinden.