Mobiler Bratwurststand am Neumarkt zu Leipzig
Der neue Bratwurststand und die Thüringer Bratwurst sind noch einen Zacken schlechter als beim Vorgänger. Dafür sind die Bratwürste nach 10 Jahren über 150 % teurer geworden.
Ich habe nichts dagegen, denn 1,50 € sind für eine ordentliche Bratwurst zu wenig. Das Fleisch soll von guter Qualität sein, der Bauer soll seinen gerechten Lohn erhalten, und auch der Fleischer muss entlohnt werden. Nicht zuletzt sollen auch die Wurstverkäufer:innen angemessen bezahlt werden. Und das ist auch gut so!
Der Bratwurststand am Neumarkt, den ich vor zehn Jahren beschrieben habe, hatte Charme. Die Leichtbauweise war ein echter Hingucker.
Der jetzige Stand ist ohne jede Inspiration zusammengeschraubt. Kein wirklicher gestalterischer Unfall und wetterfester als sein Vorgänger, aber ihm fehlt das gewisse Etwas. Wir befinden uns immerhin in Leipzig, einer der wichtigsten Bratwurstbuden-Hauptstädte der Welt. Also, hallo – jetzt gebt euch mal Mühe.
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Ich habe etwa 10 Minuten darüber nachgedacht, wie ich diesen unvermeidlichen Verriss beginnen soll.
Also zuerst ein positiver Fakt. Das Brötchen hatte seinen Namen verdient und war nicht nur ein blasser Wursthalter aus Teig. Denn das Brötchen war knusprig, schmeckte gut und sah aus wie ein echtes Brötchen und nicht wie die billige Aufbackware. Im Prinzip eine qualitative Verbesserung gegenüber dem Vorgängerwurststand.
Aber das Wesentliche – die Wurst – ist fast skandalös zu nennen. Keine Thüringer Bratwurst sollte so dick sein. Sie war geplatzt, was auf die Dicke und den hohen Wassergehalt zurückzuführen ist oder die Unkenntniss beim grillen.
Und – wie binden wir Wasser im Wurstbrät um die Wurst so günstig wie möglich zu produzieren? Mit Salz. Dieses übermäßige Salz schmeckte man sehr deutlich, während Gewürze völlig fehlten. Also, schreibt nicht Thüringer auf jede Wurst, sondern nur auf diejenigen, die diese Auszeichnung wirklich verdienen.
Für Nürnberger Rostbratwürste oder Thüringer verwendet man Saitlinge mit kleinen Kalibern wie zum Beispiel 24/26, 22/24, 20/22 oder auch 18/20. Das mag nach Fachchinesisch klingen, aber übersetzt bedeutet es, dass diese speziellen Saitlinge teurer sind, wobei die Mehrausgaben auf etwa 1-2 Cent pro Wurst geschätzt werden können.
Salz wird dem Brät einerseits aus geschmacklichen Gründen zugesetzt, andererseits bindet es auch Wasser. Möchte man also mehr Wasser statt Fleisch verwenden, erhöht man den Salz- und Wassergehalt. Dies scheint bei dieser Thüringer Bratwurst der Fall gewesen zu sein. Die Mehrausgaben für mehr eingesetztes Fleisch und Schwarte würden geschätzt 3-4 Cent betragen.
Fleischer und Metzger gehörten früher Gilden an und hatten eine Berufsehre. Panscher wurden an den Pranger gestellt oder auch Schandpfahl genannt.
Fazit auch hier: Gier frisst Hirn. Erst bleiben die Kunden weg, dann ist der Bratwurststand am Leipziger Neumarkt weg. Ich befürchte jedoch, dass der Stand bleibt, erwerben doch meist Tagestouristen hier ihre Wurst.
Der „Vorgängerbratwurststand am Neumarkt zu Leipzig.
Äußerst beachtenswert ist, bei diesem Stand hier, die ausgefeilte Architektur.
Um den Verkäufer, die Verkäuferin des Bratwurststand am Neumarkt herum ist alles zweckmäßig angeordnet und selbst bei einer plötzlich eintretenden totalen Übermüdung scheint der Grillsklave oder die Grillsklavin nicht umfallen zu können.
Das muss leider gesagt sein, die Wurst war nicht der Hit.
Eigentlich, so vom Äußeren her gesehen, ganz o.k. Nur, entweder war das Holzkohlefeuer zu heiß, lies die Haut bersten und das Fett entweichen, oder die Wurstsubstanz – an sich – war zu trocken geraten.
Ob es an der asiatischen Bratwurstbräterin des Bratwurststand am Neumarkt lag, lies sich von mir nicht feststellen.
Aber eigentlich können Asiaten alles nachmachen und übertreffen auf so manchem Instrument den gemeinen Europäer bei Weitem. Warum sollten sie also nicht eine Bratwurst fachgerecht braten können?
Das Brötchen war viel zu trocken und zu groß. Aber vor allem war das Ding ein halbgebackener Rohling.
Das sollte nicht sein und darf auch nicht durchgehen. Vermutlich beides, Wurst wie Backling, Großhandelsware.
Schade! Aber der prominente Standort mit einem großen Anteil von lustwandelnden Touristen, die keine Bratwurstkenntnis besitzen, sollte solch leichtfertigen Umgang mit der uns heiligen Bratwurst nicht zulassen, denn sie ist ein Kulturgut!
Ich predige schon lange, dass die Bratwurst von diesem Stand nichts taugt. Schön, dass ich einmal auf jemanden treffe – wenn auch nur virtuell – der es genau so sieht.