Verschmähte Bilder wiedergefunden und hoch geehrt
In Wien kann man vieles entdecken. Den Hasen von Dürer und Helena Fourment, die junge Frau Peter Paul Rubens, halb nackt, mit einem anzüglichen Pelzumhang dürftig bedeckt. Als Maler der schönsten Cellulite bekannt, hatte auch der Meister des Hochbarock seinen Lehrmeister. Und was für einen. Denn dieser traute sich mehr als sein Schüler je wagte.
Text 20 Feb. 2020
Otto van Veen, um den es in meinem Beitrag verschmähte Bilder wiedergefunden und hoch geehrt geht, wäre heutzutage eine Skandalfigur und schon lang aus dem Kunstbetrieb – zumindest dem europäischen – verbannt. In Deutschland hätten selbstgerechte KunstkleinbürgerInnen nicht intervenieren müssen, da die allgegenwärtige Selbstzensur diese Bilder nie und nimmer hätte an die Öffentlichkeit kommen lassen. Man will sich ja keinen Ärger einhandeln.
Freilich, und hier relativiert sich alles, dass die Gemälde 300 Jahre im Depot verschwanden lag an der Entscheidung von Männern. Denn diese hatten die Hausgewalt inne. Und ganz ähnlich wie der Makart von Hamburg waren diese Großformate hinter Wänden versteckt.
Freilich musste auch Otto van Veen zu seiner Zeit penibel darauf achten, wohin er seine Bilder gab. Da in Flandern die Gegenreformation tobte, landeten seine stärksten Werke letztendlich in Wien. Man möchte sagen – logischerweise.
Irgendwie spürt man die Freude des Malers am scheinbar verruchten Sujet. Ja, man vermeint in seinen christlichen Motiven dagegen eine gewisse Steifheit zu entdecken, die diesen, hier zu besprechenden Bildern nicht zu eigen ist.
Wann und auf welchem Weg diese zwei Werke nach Wien kamen, ist unbekannt. Das sie jedoch seit dem 18ten Jahrhundert nicht mehr ausgestellt wurden und still vor sich hingammelten, zeigte der Zustand, in dem sie sich befanden, als sie wiederentdeckt wurden.
Ich hoffe, mir als männlichem Kunstbetrachter ist mit der Tatsache, dass die Gemälde „Amazonen und Skythen“ sowie „Die Perserinnen“, durch Frauen wiederentdeckt und in die Öffentlichkeit gebracht wurden Absolution erteilt. Also schreibe ich meine Gedanken dazu auf.
Wien ist in vielem der deutschen Kunstprovinz voraus. In Hamburg wurde eine dummbatzige Diskussion wegen einiger ausgesprochen lapidarer, nackter Schönheiten auf einem Gemälde von Makart geführt.
Lesen Sie den Beitrag Wolfgang Ullrich der Kunstbenutzer und sie werden erstaunt sein
Fangen wir bei den „Perserinnen“ an. Die Geschichte geht auf Plutarchs tapfere Frauen zurück, in der griechische Denker beschreibt, wie die Perserinnen ihre Röcke anheben, um ihre aus der Schlacht fliehenden Männer zu beschämen. Beschämen steht auf dem Schild am Bild – in den kunsthistorischen Sammlungen.
Das Zweite der aufgefundenen Gemälde ist ähnlich provokant, aber anderer Natur. Otto van Veen`s „Amazonen und Skythen“ von 1597/99 zeigt ebenfalls selbstbewusste Frauen, die sich vor Männern entblößen. Freilich hat ihr Tun hier einen anderen Zweck. Den der Paarung.
Übrigens. Mir persönlich ist nicht bekannt, dass sich Männer ostentativ entkleiden um Frauen zu sexuellen Handlungen zu bewegen.
Die Leibfeindlichkeit war keineswegs so ausgeprägt wie heute. Einer Zeit in der man Kirche, Religion und Kunst eher nicht mehr zusammen sieht. Ihr kultureller Einfluss ist marginalisiert. Wenn nicht gar atomisiert.
Dieses Gemälde ist als Bespiel inhaltlich ungeeignet, da propagandistisch-katolischen Inhalts. Kompositorisch jedoch passend.
Ich sehe, dass Otto van Veen noch sehr nah an der Renaissance ist, kompositorisch einem Ucello, einem Mantegna und – sinnlich auch – einem Botticelli. Und in der direkten Nachfolge dann Nicolas Poussin.
Auch der Blog-Beitrag Verschmähte Bilder wiedergefunden und hoch geehrt begreift sich nicht als wissenschaftliche Abhandlung
Link Kunsthistorisches Museum Wien. Pressetext zur Ausstellung ANSICHTSSACHE