Kairo und die Pyramiden muß einmal im Leben sein
Kairo und die Pyramiden sind einfach für einen Tag zu viel. Das Vorhaben scheitert bevor es beginnt.
Man kann nicht innerhalb eines Tages eine Stadt auch nur ansatzweise begreifen die 7,9 Millionen Einwohner habe soll aber in Wahrheit mindestens 30 Millionen beherbergt. Wer will das auch zählen und wenn wie? Allein die Fakten sprechen dagegen. Bevölkerungsdichte 37.136 Einwohner km² – Berlin 3.973 Einwohner km².
Nimmt man diesen Verdichtungsfaktor zur Hand und erlebt die Aggressivität der Berliner Autofahrer, ihre schnoddrige Oberflächlichkeit und ihre – mit Verlaub – Arroganz lob ich mir den Ägypter. Er benimmt sich, den Umständen entsprechend, geradezu engelsgleich. Friedfertig und liebevoll. (Bezieht sich auf den Straßenverkehr)
Klar, die Japaner sind auch nett. Aber Tokio ist ja auch mit seinen 4.481 Einwohner pro km² großzügig bestückt.
Die meisten Bewohner wohnen in Kairo in sogenannten informellen Siedlungen. Also illegal. Informell klingt irgendwie gut und macht neugierig.
Aber was soll es. Wir besuchen zuerst eine große Moschee und können von da oben über die Stadt schauen, die wir noch nicht einmal im Ansatz begreifen werden.
Übrigens stehen viele Wohnungen leer, weil die Mietpreise auf dem Stand der 1950er Jahre eingefroren sind. Nicht jeder Eingriff der Politik verbessert die Situation der Bevölkerung.
Zumindest scheinen die Geistlichen gelassen zu sein. (Auch falsch beobachtet)
Ehe ich zum sinnlichen Erleben der Stadt komme noch eine kleine Anekdote über den Steuerzahler an sich und den ägyptischen im Besondern. Überliefert ist, dass Ägypter verhöhnt wurden, die ohne Striemen auf dem Rücken vom Steuereinnehmer zurückkamen. Wer Steuern zahlte, galt als geisteskrank oder zumindest blöd. Wer Steuern hinterzog, bekam umgehend Stockhiebe auf den Rücken und wurde damit in den Augen seiner Mitbewohner geadelt.
Aktuelle Studie:
„Das Gefährliche aus IZA-Sicht daran ist: Ehrlichen Steuerzahlern ist ihr gutes Gewissen tatsächlich Geld wert – aber nur, wenn sie das Gefühl haben, nicht die einzigen Dummen zu sein. Darauf verweist auch das Tübinger Institut für angewandte Wirtschaftsforschung.“
Eine von Parteien gern verdrängte Tatsache ist die, dass eine Forderung nach höheren Steuern den uralten Reflex der Ägypter herausfordert – die Politiker werden verhöhnt. Dies immer heftiger um so mehr das Vertrauen in die Parlamente schwindet. Zumal durch Verschulden der Politik unser Währungssystem am Rande des Abgrundes steht. Solange Fehlentscheidungen von verantwortlichen Politikern nicht die Konsequenz des Rückzugs von ihren Ämtern zur Folge hat, werden Forderungen nach höheren Abgaben nicht akzeptiert, auch wenn sie nur für bestimmte Einkommensklassen gelten sollen. Neid und Missgunst zu säen schädigt die Gesellschaft als Ganzes und ist eine billige Methode das eigene Unvermögen zu vertuschen.
Führende Politiker aller Parteien (außer einer, mit noch widerlicherem Vergangenheitsschmutz belastete) haben unter anderem die Liberalisierung der „Finanzindustrie“ dermaßen unüberlegt, dummköpfig betrieben, dass sie mit Steuergeldern gerettet werden musste.
Die politischen Verursacher der Schäden, für die wir und die folgenden Generationen haften, haben kein Recht monetäre Forderungen gegenüber dem Volk zu erheben. Sie sind ihrer Ämter zu entheben! Danach kann über einen neuen Ansatz gesprochen werden.
Eine bewusste Wahlenthaltung muss durch eine exakte Auszählung der Stimmen der „Nichtparteiwähler“ möglich sein. Real existierenden Parteien darf nicht die Möglichkeit gegeben werden Wahlenthaltung auf meteorologische Ursachen und sonstigen Unsinn zurückzuführen. Für alle Wahlen ist ein freies Feld auf den Wahlzettel zu reservieren. Die Enthaltungsstimmen müssen eine direkte Auswirkung auf die Parteienfinanzierung haben. Kürzung! Da die eingeschränkte Wahlmöglichkeit das Desinteresse an Politik bestärkt, wird durch sie eine Bedrohung der Demokratie herbeigeführt. Wenn die Wahl eine demokratische Pflicht sein soll, muss dem Wähler auch eine Wahl bezüglich einer Ablehnung aller zur Wahl stehenden Parteien gegeben werden. Die Franzosen sind schon ein Stück weiter! Alles ander kann zu Gewalt führen. Und brennenden Automobilen.
„…du lenkest nur was uns begegnen soll,
du hast zu wählen! …
Eugenie.
und nennst du wahl, wenn unvermeidliches
unmöglichem sich gegenüber stellt?
Johann Wolfgang von Goethe war wohl in Rom aber nicht hier. Der Franzose schon – wo war der nicht?
Ich machte mir so meine Gedanken und schon waren wir auf einer Ausfallstraße Richtung Pyramiden und steckten im Verkehr fest.
Im Ruhrgebiet herrschen, verglichen mit hier, Zustände wie bei einem einem Fahrverbot.
Kilometer für Kilometer fahren wir eine Straße entlang, auf der es nur Töpferwaren gibt. Nix mit aussteigen.
Hier hätte ich mich gern umgeschaut denn die Waren werden nicht den Touristen feilgeboten.
So deutlich wie in Kairo vermischen sich wohl selten der Welten Zeiten. Scheint an einer Ecke das Mittelalter zu herrschen, sieht man ein paar Kilometer weiter klimatisierte Hochhäuser und elegante Menschen im SUV dahingleiten. Menschen züchten auf ihren Häusern Tauben, die sich von den Abfällen ernähren und von den Armen der Ärmsten verspeist werden.
An Bergen von Müll fahren wir vorbei, um die Pyramiden von Gizeh zu erreichen. Auch sie verschwinden fast in der Stadt, die sich wie ein Geschwür in die Wüste ausbreitet. Gleich dahinter beginnt die Sahara.
Ich hörte hi und da die Pyramiden könne man sich mal anschauen oder auch nicht. Für meine Augen waren sie ein unvergesslicher Eindruck. Nicht wegen ihrer Größe. Eher wegen ihrer Wirkung am Rand der Sahara und dieses Zweiklangs von Gelb- und Blautönen.
Selbst der Vogel, welcher sein Nest in einer der Parkplatzlampen eingerichtet hatte, wusste das Gelb hier zwingend zum Blau gehört.
Man sieht und sieht und die Augen quellen über. Morgen werden wir dann durch den Suezkanal fahren. Eigentlich so nah dieses Ägypten und doch unendlich fern.