Der Schmetterling in der Kunst – Symbol und Bedeutung
Der Schmetterling ist seit Jahrhunderten ein Sinnbild für Verwandlung und Schönheit.
Denn kaum ein anderes Tier verkörpert die Metamorphose so eindrücklich wie dieser zarte Falter: von der Raupe über den Kokon bis hin zum frei fliegenden Schmetterling. Damit verbindet er Themen wie Freiheit, Zerbrechlichkeit, Traum und Vergänglichkeit. Künstlerinnen und Künstler haben dieses Motiv seit der frühen Neuzeit immer wieder aufgegriffen
Im Folgenden werfen wir einen chronologischen Blick auf einige Werke, in denen der Schmetterling eine zentrale Rolle spielt – von den Stillleben des 17. Jahrhunderts bis hin zu meinen eigenen Arbeiten in der unmittelbaren Gegenwart.
Jan van Kessel – Insekten und Früchte, um 1660
Der flämische Maler Jan van Kessel (1626–1679) malte mit akribischer Genauigkeit kleine Naturstudien. Sein Bild Insekten und Früchte (Rijksmuseum Amsterdam) zeigt Schmetterlinge, Raupen und Früchte in feinster Detailtreue.
In einer Zeit, in der die Natur als Spiegel göttlicher Ordnung galt, hatten diese Darstellungen mehr als nur dekorativen Charakter. Der Schmetterling symbolisierte sowohl die Zerbrechlichkeit des Lebens als auch die Hoffnung auf Erneuerung. So wird bereits in dieser Epoche deutlich, welche Bedeutung der Schmetterling in der Kunst erlangen sollte.
Das Vanitas-Stillleben und die Vergänglichkeit
Neben seinen Naturstudien schuf Van Kessel auch Vanitas-Stillleben. Diese Gattung erinnert an die Vergänglichkeit des Lebens und die Nichtigkeit aller irdischen Güter. Typische Symbole sind Totenschädel, Sanduhren, welkende Blumen – und auch Schmetterlinge.
Sie verweisen auf die Flüchtigkeit der Schönheit und auf das unausweichliche Ende allen Seins. Doch zugleich tragen sie die Hoffnung in sich, dass hinter der Vergänglichkeit etwas Neues entstehen kann. Der Schmetterling ist damit ein doppeltes Symbol: zerbrechlich und vergänglich, aber auch Sinnbild für Transformation.
Maria Sibylla Merian – Wissenschaft, Kunst und der Schmetterling
Die Naturforscherin und Künstlerin Maria Sibylla Merian (1647–1717) veröffentlichte 1705 ihr berühmtes Werk Metamorphosis insectorum Surinamensium. Ihre Kupferstiche verbinden wissenschaftliche Genauigkeit mit künstlerischer Sensibilität.
Besonders eindrucksvoll ist ihre Darstellung der Schmetterlinge im gesamten Lebenszyklus – von der Raupe über die Puppe bis hin zum Falter. Damit zeigte sie nicht nur die Schönheit der Natur, sondern auch deren Gesetzmäßigkeiten. Der Schmetterling wurde hier zum Objekt wissenschaftlicher Forschung und zugleich zu einem ästhetischen Erlebnis
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Rachel Ruysch – Stilleben mit Früchten und Insekten, 1711
Die niederländische Malerin Rachel Ruysch (1664–1750) schuf meisterhafte Stillleben. In ihrem Bild aus den Uffizien in Florenz schweben Schmetterlinge über Früchten und Blumen.
Hier verbinden sich Vergänglichkeit und Schönheit auf geheimnisvolle Weise. Das Gemälde entfaltet eine fast mystische Ausstrahlung. Der Schmetterling steht nicht nur für Zerbrechlichkeit, sondern auch für eine überirdische Dimension, die den Betrachter zum Nachdenken über Leben und Tod anregt.
Jan van Os – Barocke Pracht mit Schmetterling
Im 18. Jahrhundert verschiebt sich der Akzent. Jan van Os (1744–1808) feierte in seinen Gemälden die Fülle und Pracht der Natur. In seinem Stillleben mit Blumen, Früchten und Geflügel (1774) zeigt er eine überwältigende Komposition von Pflanzen und Tieren.
Zwischen den opulenten Formen erscheint der Schmetterling als feines Detail. Er bringt Leichtigkeit in die Schwere des barocken Arrangements und erinnert daran, dass Schönheit immer auch vergänglich bleibt.
Odilon Redon – Bei ihm sind Schmetterlinge gleichsam symbolistische Träume
Mit dem Symbolismus des 19. Jahrhunderts ändert sich die Perspektive erneut. Odilon Redon (1840–1916) schuf um 1910 das Gemälde Butterflies.
Seine Schmetterlinge schweben in leuchtenden Farben durch eine traumhafte Welt. Hier ist der Falter kein Symbol für Tod und Vergänglichkeit, sondern für Licht, Hoffnung und Lebensfreude. Redons Malerei ist ein poetisches Bekenntnis zur Schönheit und zur Freiheit.
Salvador Dalí – Surrealistische Visionen über den Schmetterling
Auch im Surrealismus begegnen uns Schmetterlinge. Salvador Dalí (1904–1989) verwendete sie in mehreren Werken.
In Ship with Butterfly Sails (1937) verwandeln sich die Segel eines Schiffs in riesige Schmetterlingsflügel. Wind und Leichtigkeit verschmelzen mit der Vorstellung von Traum und Reise.
In Femmes aux Papillons
In Femmes aux Papillons (1953) tragen Frauenfiguren prachtvolle Kleider, die wie Flügel gestaltet sind. Schönheit, Eleganz und die Zerbrechlichkeit des Augenblicks werden hier zum Bild des Weiblichen. Dalí machte den Schmetterling zu einem surrealen Symbol für Traum und Sehnsucht. Kein Wunder, dass Schmetterlinge auch in der Mode ein ständig wiederkehrendes Thema ist.
Leonora Carrington – Freiheit der Kunst und das Symbol des Schmetterlings
Die britisch-mexikanische Künstlerin Leonora Carrington (1917–2011) schuf 1968 das Bild L’epidoptera. Eine zentrale Schmetterlingsfigur verbindet sich mit Textfragmenten, die eine klare Botschaft formulieren:
„Dies ist die Lepidoptera. Es ist nicht das Porträt eines Politikers,
nicht eines Soldaten. Es misshandelt oder tötet niemanden.
Es ist eine freie Zeichnung – ich will meine Freiheit bewahren.“
Carrington erklärte den Schmetterling zum Symbol künstlerischer Autonomie. Freiheit, Unabhängigkeit und die Weigerung, sich politischen Strukturen zu unterwerfen, prägen dieses Werk.
Thomas Gatzemeier – Der Schmetterling hat auch in der Gegenwart eine besondere Bedeutung
Auch in der zeitgenössischen Kunst hat der Schmetterling nichts von seiner Faszination verloren. Der Künstler Thomas Gatzemeier verbindet in seinen Arbeiten historische Bezüge mit aktuellen künstlerischen Fragestellungen. Ja, er schreibt auch über dessen Bedeutung, so wie früher viele Künstler über ihr Werk schrieben. Nicht nur um dieses zu vermitteln, sondern auch um sich ihres Tuns zu vergewissern.
In dieser übermalten Heliogravüre erhält eine aristokratische Dame Flügel – die leuchtenden Schwingen des Tagpfauenauges.
Diese Verbindung von Porträt und Falter ist mehr als ein dekoratives Spiel. Sie verleiht der Frau eine neue Dimension: Schönheit und Geist wachsen über das rein Menschliche hinaus. Der Schmetterling wird hier zum Sinnbild des „Flügelverleihens“ und der Freiheit der Fantasie.
In dieser Mischtechnik auf antikem Kontopapier – hier als Grafik im Pigmentdruck – erscheinen verschiedene Schmetterlinge in strahlender Farbigkeit. Das historische Papier, einst für Zahlen und Bilanzen gedacht, wird zum Träger eines poetischen Bildes. Die Vergänglichkeit menschlicher Ordnungen trifft auf die Leichtigkeit der Natur.
Die Schmetterlinge symbolisieren Schönheit und Freiheit, die über jede Zahl und jede Rechnung hinausgehen. Gatzemeier zeigt, dass Kunst den Dingen des Alltags Flügel verleihen kann.
Der Schmetterling als ewiges Symbol
Von den barocken Stillleben über den Symbolismus und Surrealismus bis in die Gegenwart bleibt der Schmetterling ein faszinierendes Motiv. Er ist Symbol für Metamorphose und Erneuerung, für Schönheit und Zerbrechlichkeit, für Traum und Vergänglichkeit.
Der Schmetterling in der Kunst ist daher nicht nur ein dekoratives Detail, sondern eine Metapher für das Leben selbst – und für die Sehnsucht nach Freiheit, die über die Grenzen der Zeit hinaus besteht.
Schauen Sie sich die Naturbilder von Thomas Gatzemeier an.