Suez-Kanalpassage immer wieder
Auf der Fahrt zum Suez Kanalpassage betrachteten wir einen „beinahe normalen“ Sonnenuntergang; das Meer bewegte sich leicht, und es war nicht mehr so diesig wie auf dem Arabischen Meer.
Die Sonne hatte eine gesündere Farbe, obwohl sie ihre Blässe noch nicht ganz abgelegt hatte. In der Nacht sammelten sich Schiffe an der südlichen Einfahrt, um am frühen Morgen im Konvoi in den Kanal einzufahren.
Ich muss gestehen, dass ich am Ende der Reise meinen Dokumentationspflichten nicht mehr ordnungsgemäß nachgekommen bin.
Ein gewisser Sättigungsgrad war erreicht, und zum Fotografieren hatte ich keine rechte Lust mehr. Meist saßen wir an Deck und schauten – ein Kaltgetränk immer in Reichweite – über die Wüste, die bekanntermaßen überwiegend aus Sand besteht. Dieser lag entweder einfach so in der Ebene herum, häufte sich zu Dünen oder wurde vom Wind verweht, um sich auf unseren Autos – hier im Norden – abzulagern. Hin und wieder zogen üppige Villen vorbei, die in Oasen hineingebaut sind.
Die Wüstenschiffe, von denen ich hörte, gibt es tatsächlich, und es sieht unwirklich aus, sie scheinbar im Sand steckend zu sehen.
Ich verrate Ihnen, dass die Schiffe nicht von den israelischen Aggressoren des Wassers beraubt wurden, sondern dass es sich bei diesem Phänomen um Ausweichstellen oder „Parktaschen“ für entgegenkommende Schiffe handelt. Der Kanal kann zum Zweck der Suez Kanalpassage lediglich in eine Richtung befahren werden.
Ansonsten ähnelt der Eindruck bei der Suez Kanalpassage fast der Situation an der früheren DDR-Ostsee: Wachtürme und viel Militär.
Da jedoch der Kanalstrand nicht wegen flüchtender Bürger bewacht werden muss, sondern weil dieser Wasserweg von geopolitischem Interesse ist, sind entlang des Gewässers keine Menschenfangzäune angebracht – zumindest habe ich keine gesehen. Stattdessen erfolgt die Grenzsicherung über eine Vielzahl anderer Maßnahmen, darunter Überwachungskameras, Patrouillenboote und gegebenenfalls auch technologische Überwachungssysteme wie Radarsensoren und Drohnen.
Doch gibt es einen kleinen Unterschied zur DDR Grenze – dem antifaschistischen Schutzwall: Am Suezkanal steht alle 2-3 Kilometer ein einsamer Soldat im Wüstensand.
Das hätte in der Ostzone so nicht funktionier, weil der Grenzer warscheinlich abgehauen wäre. Deshalb waren sie immer – mindestens – im Doppelpack unterwegs um sich gegenseitig zu bewachen. Sie hätten sich zu Tode gefürchtet – so allein.
Man erinnert sich an die Kriege zwischen Ägypten und Israel, in deren Verlauf 14 Schiffe in den Bitterseen festgehalten wurden und erst nach acht Jahren freikamen. Diese Schiffe wurden „gelbe Schiffe“ genannt, weil sich auf ihren Decks der Wüstensand häufte. Man kann die Bedeutung des Kanals am besten begreifen, wenn man sich die Einsparung des Fahrweges von den Ölterminals Saudi-Arabiens klar macht. Der Weg durch den Kanal ist um 42 % kürzer. Die einzige Alternative bei Schließung des Kanals ist die komplette Umrundung Afrikas. Daher ist die Abhängigkeit von Ägypten immens – was auch immer dies politisch bedeutet, es ist nicht gut. Tatsächlich ist es äußerst nachteilig, wie jede Form von Abhängigkeit.
Ergänzend kann gesagt werden dass die Suez Kanalpassage nicht nur für den Ölhandel von entscheidender Bedeutung ist, sondern auch für den Handel mit vielen anderen Gütern, da er eine schnellere und kostengünstigere Verbindung zwischen Europa und Asien ermöglicht. Seine Schließung oder Blockade hätte daher erhebliche Auswirkungen auf die Weltwirtschaft.
Auch am Rand der Wüste kämpfen die Religionen gegeneinander. Eine Moschee und eine koptische Kirche nebeneinander als müsse man sich den Platz streitig machen. Das Bild sagt alles. Das Thema Religion ist ein weites Feld, auf dessen Minen ich hier nicht treten möchte. Sie gehören abgeschafft. Auch die Minen.
An der El Ferdan Railway Bridge schlägt einem dann der kalte Odem Europas entgegen. Meist ist er friedlicher als hier, zeitweise aber fast unerträglich kalt. Tatsächlich ändert sich das Klima und die Luft so ziemlich an dieser Stelle. (Bild Wikimedia)
Auf der anderen Seite des Kanals, im Mittelmeer, liegen die nächsten Schiffe für den Konvoi Richtung Süden schon auf Reede.
Hier endet meine Reisebeschreibung, weil wir in oder auf Zypern, auch wetterbedingt, an Bord geblieben sind.
Ich könnte mir durchauf vorstellen die Suez-Kanalpassage nochmal vom Norden her anzugehen und in dieser Richtung Europa zu verlassen.