Ein kleines Stück Haut zum Frühstück
Ein kleines Stück Haut zum Frühstück – ein Denken aus dem 19ten Jahrhundert?
Oder das Problem: Schamhaar in der Kunst
Unlängst schlug ich des Morgens die zweite Seite meiner Tageszeitung auf, weil auf der ersten das stand, was da immer stand.
Ein Stück Haut löste eine politische Kontroverse aus. Die Vorhaut kleiner Kinder, die zum Zwecke des Zeichens der Zugehörigkeit von zwei sich seit Jahrhunderten bekämpfender Religionen mehr oder weniger professionell entfernt wird, wurde zum großen Aufreger Thema.
Das mir ungefragt als Baby Wasser über den Kopf geschüttet wurde, finde ich dagegen harmlos.
Andererseits wird kolportiert, dass die Beschnittenen ein erheblich intensiveres Erlebnis bei der Begegnung mit dem anderen Geschlecht haben sollen. Das dies meine katholischen Leidensbrüder auf keinen Fall wollen, muss nicht weiter ausgeführt werden.
Ein Papst ohne Vorhaut. Einfach unvorstellbar!
Ich blätterte weiter und erinnerte mich an ein Vorkommnis anlässlich einer Ausstellungseröffnung meiner neusten Aktgemälde.
Eine nicht besonders entspannt aussehende Dame mittleren Alters kam auf mich zu und fragte, ob ich pädophil sei. Einfach so fragte sie mich. Als sei ich ihr Patient. Sie war Psychologin und schrieb Gutachten für Gerichte. Ich war einigermaßen verdutzt. Irritiert geradezu. Fast sprachlos, was mir sonst nicht nachgesagt wird. Nach einem kräftigen Schluck aus dem Glas, das meine Hand umklammerte, sodass es fast zerbrach, brachte ich dann doch ein zögerliches, „wieso? heraus. „Sie malen nur rasierte Mädchen.“ Giftete sie mich an. „Frauen“, antwortete ich.
„Aber die ohne Schamhaar“. Sagte sie und meinte, dies ließe auf eine gewisse Neigung schließen.
Wieder Herr meiner selbst antwortete ich; dann solle sie doch bitte auch meine Kollegen Cranach, Rubens, Rembrandt, Michelangelo und all die anderen des Gleichen bezichtigen und ließ sie – ihr abgehärmter Mann stand traurig neben ihr – schnöde stehen.
Da haben wir es wieder. Das Problem: Schamhaar in der Kunst.
Der Vorfall ließ mich nicht kalt. Also forschte ich nach der Geschichte des Schamhaares im allgemeinen und des rasierten im Besondern. Muslima – zum Beispiel – entfernen in einem monatlich wiederkehrenden Reinigungsritus ihr Schamhaar. Ob man dieses Problem in einer Sondersitzung des Bundestages debattieren sollte, liegt nicht in meiner Entscheidungsgewalt. Aber der Bundesverfassungsschutz könnte ja an Hand dieser Indizien …
(Text August 2012)
Freilich ist dieser polemische Text schon einige Jahre alt. Seitdem ist vieles geschehen.
Nachtrag Januar 2024.
Zum Beispiel meint ChatGPT zu meiner Frage: Aufklärung und Nacktheit in der Kunst:
„Hallo! In der Kunstgeschichte spielt die Darstellung von Nacktheit eine wichtige Rolle. Die Aufklärung, eine kulturelle Bewegung des 18. Jahrhunderts, betonte die Vernunft und die Freiheit des Individuums. In diesem Kontext wurde die Nacktheit in der Kunst oft als Ausdruck von Natürlichkeit und Wahrheit betrachtet. Künstlerinnen und Künstler haben den menschlichen Körper in verschiedenen Formen und Stilen dargestellt, um Schönheit, Emotionen oder auch politische Botschaften zu vermitteln. Es ist wichtig zu beachten, dass die Wahrnehmung von Nacktheit in der Kunst subjektiv ist und von kulturellen, sozialen und persönlichen Hintergründen abhängt.
Und die künstliche Intelligenz von Bing:
Die Darstellung von Nacktheit in der Kunst hat im Laufe der Geschichte viele Bedeutungen angenommen. In der griechischen Antike wurde die Nacktheit als Symbol für Schönheit, Kraft und Reinheit angesehen12. Während der Renaissance wurde die Nacktheit in der Kunst als Gradmesser der Aufklärung betrachtet3. Im 19. Jahrhundert wurde die Rolle des weiblichen Modells häufig mit Prostitution verglichen4. Heutzutage wird die Nacktheit in der Kunst oft als Mittel zur Darstellung von Freiheit und Selbstausdruck verwendet5.
Ich hoffe, das hilft Ihnen weiter. Wenn Sie weitere Fragen haben, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Ich nehme für mich und im Namen aller Frauen gern den letzten Satz der zweiten künstlichen Antwort in Anspruch, um meine früheren Arbeiten zu verteidigen.
Denn ich habe das Malen mehr oder weniger aufgegeben, schreibe gerne und male gelegentlich Insekten, wenn dies von mir erwartet wird.
Hunderte Jahre war das Problem des Schamhaars in der Kunst kein Thema. Aber heute, wo wir im Begriff sind, die Zivilisation auszulöschen, scheint dies für einige Protagonistinnen über allem zu stehen. Soldaten verrecken in Schützengräben und wir kümmern uns um das Schamhaar in der Kunst.
Ein weiterführender Text: Der Tod der drei Grazien