Hamburger Hot Dog im Schlafrock – eine süßliche Mutprobe auf dem Hauptbahnhof
Man zögert fast, dieses tief in fluffigem Teig versenkte Würstchen aus seinem süßen Schlaf zu reißen.
Der Hamburger Hot Dog im Schlafrock ist weniger ein Gericht als eine Inszenierung – irgendwo zwischen Fast-Food-Fusion und Konditoreifantasie.
Die Zubereitung ist schlicht, aber verstörend: Man nehme einen ziegelgroßen Klotz aus wattig-weichem Teig mit einer leichten Karamellnote, schneide ihn tief ein – wie ein Grabmal für die Herzhaftigkeit – und versenke darin ein Bonsai-Würstchen. Das Würstel, kaum daumengroß, liegt darin wie verloren, fast verängstigt, und wird mit Gurkenscheibchen zugedeckt. Vielleicht als Beruhigung. Vielleicht als Tarnung.
Darüber kommt eine Lage Sauerkraut – ein Hauch von deutscher Seele – und obendrauf ein knuspriges Häubchen Röstzwiebeln.
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ANZEIGE - ENDE
Zum krönenden Abschluss werden süßer Senf und eine großzügige Menge Ketchup in schlangenlinienform über das Ganze gezogen – als wäre der Schlafrock eine Leinwand für eine Fast-Food-Kalligrafie.
Man bekommt dieses kulinarische Experiment an der Hot Dog Station im Hamburger Hauptbahnhof, dort, wo Eile und Hunger zusammenfinden – oder kollidieren. Als erfahrener Tester von Bratwurst und Imbissspezialitäten wagte ich mich an dieses Exemplar heran. Doch ich muss gestehen: Ich konnte es nicht aufessen.
Einige Stunden zuvor hatte ich ganz in der Nähe eine Currywurst in der Tüte probiert – bodenständig, ehrlich, erinnerungswürdig. Dagegen wirkte der Hot Dog im Schlafrock wie ein zuckriger Fiebertraum.
Ob mein Geschmack zu konservativ ist – oder ich einfach noch keine voll entwickelte Zuckersucht habe – vermag ich nach dem „Genuss“ des Hamburger Hot Dog im Schlafrock nicht zu sagen.
Natürlich ist auch in Currysoße Zucker enthalten. Aber hier sprechen wir von einem regelrechten Zuckerangriff: süßer Teig, süßer Senf, süßer Ketchup. Ich schätze grob: 20 Stück Würfelzucker, um ein kaum 80 Gramm schweres Würstchen in einen Zuckerkokon zu betten. Für 6 Euro wird die Kalorienbombe angeboten. Dann lieber einen Zuckerarmen Döner. Das ist schöner.
Das sollte uns zu denken geben. Wehrhaft wird Deutschland mit seinen adipösen Menschenmassen sicher nicht.