Äpfel mit Äpfeln vergleichen.
Ob kunsttheoretisch Äpfel mit Äpfeln zu vergleichen von Belang ist, vermag ich nicht zu beurteilen.
Jedenfalls sind mir die Gemälde von Trübner und Henri Fantin-Latour bei einem Besuch des Museums der bildenden Künste in Leipzig besonders ins Auge gefallen. Sie gehörten zu einer Ausstellung anlässlich der Neuinszenierung der Sammlung Bühler-Brockhaus und der Künstlerin Rosa Bonheur. Also der Schule von Barbizon und der Kunst der 19. Und 20. Jahrhunderts. Für mich sind die Werke dieser Sammlung regelmäßig ein Anziehungspunkt in dem Leipziger Museum.
Gleichwohl kostet es mich bei jedem Besuch Überwindung, die missglückte Architekturhülle des Größenwahns zu betreten und zu durchqueren, um meine geliebten Gemälde zu finden.
Dazu hätte es diese Ausgeburt überheblicher Architektur nicht gebraucht. Aber lassen wir das. Wegreißen ist aus ökologischer Sicht keine Option und ein Umbau wegen des Urheberrechts nicht möglich.
Frappierend war die formale Nähe der Apfel Stillleben von Henri Fantin-Latour und Wilhelm Trübner.
Obwohl sie in unterschiedlichen Sälen hingen, gehören sie für mich unter kuratorischen Gesichtspunkten zusammen. Äpfel mit Äpfeln vergleichen ist für einen Maler reizvoll. Steht heute das Branding im Vordergrund, so scheint mir, war es früher der zu behandelnde Gegenstand. Das Suchen nach der Form bildete neben der Begegnung mit anderer Kunst die Handschrift aus.
„Nur wer theoretisch zu unterscheiden vermag, kann auch Vergleiche anstellen, und nur wer vergleichen lernt, ohne gleichzusetzen, trainiert auch das Differenzieren.“
(Arnd Pollmann – Philosoph)
Bei der Betrachtung dieser zwei Apfelstillleben war mir klar, dass es eine Verbindung geben muss.
Einen Einfluss und einen vergleichbaren Ansatz in der Malerei. Schaut man sich die Biografien meiner zwei Apfel-Protagonisten an, wird schnell klar, wie und warum. Fantin-Latour 1836 in Grenoble Frankreich geboren. Trübner, der jüngere 1851 in Heidelberg. Laut der Biografie von Trübner sah dieser in München Gemälde von Gustave Courbet. Und die müssen es ihm angetan haben.
Fantin-Latour hingegen begegnete 1859 Courbet und arbeitete kurze Zeit darauf in dessen Atelier. Vermutlich denken Sie Courbet für einen Vergleich mit Malern seiner Epoche zu verwenden sei wie Äpfel mit Äpfeln zu vergleichen. Freilich ist dies ungewöhnlich. Jedoch entdeckt man an diesen scheinbar simplen Malereien mehr, als man denkt.
Das Werk Trübners ist zwar nicht mit dem Courbets zu vergleichen.
Offensichtlich ist jedoch, dass er die größere Nähe zu seinem Vorbild hatte. Trübner ist, wenn man es so sagen darf, in seinen figurativen Werken auf seine Art expressionistischer. Schauen Sie selbst.
Dann fragen Sie sich sicher, wann es denn an der Zeit ist, dass der Betrieb der Kunst ihn wieder entdeckt. Die letzten größeren Ausstellungen in kleineren Häusern liegen, wenn ich richtig recherchiert habe, Jahrzehnte zurück.
Fantin-Latour fasziniert auf eine ganz andere Art.
Obwohl er die größere Nähe zu seinem verehrten Kollegen hatte und in seinem Atelier arbeitete, so geht er doch einen anderen Weg. Einen stilleren. Einerseits sind seine Kompositionen statischer, also apollinisch im Gegensatz zu denen eines Courbet oder Trübner. Deren Malereien sind dionysischer Natur und schlagen mit der Faust an die Tür der Moderne.
Wie in seinem Apfelstillleben ist Fantin-Latour auch in seinen figürlichen Arbeiten kompositorisch streng.
Vor allem fällt auf, wie konzentriert er mit der Oberfläche umgeht. Wo Trübner und Courbet einen lockeren Pinselduktus verwenden, baut Latour mit Farbe eine faszinierende Oberfläche. Das hier gezeigte Apfelstillleben zeigt dies lediglich im Ansatz. Andere Gemälde von seiner Hand funkeln wie Juwelen.
Äpfel mit Äpfeln vergleichen lohnt sich also. Man schaut, denkt nach und forscht. Da wäre noch mehr zu berichten. Dazu aber später.
Die Schule von Barbizon im Bildermuseum Leipzig hat neben Courbet, Millet, Theodore Rousseau und vielen anderen auch ein besonders schönes Blumenstillleben von Fantin-Latour an dem sich der Farbauftrag des Meisters sehr schön manifestiert.