Die Thüringer Zitronenbratwurst ist eine gute Erfindung
Obwohl die Fleischerei Wolf in Bayern beheimatet ist, produziert sie seit dem Mauerfall auch in Thüringen, beispielsweise in Schmölln, wo bis zu 550.000 Original Thüringer Bratwürste am Tag vom Band laufen darunter jetzt auch die Thüringer Zitronenbratwurst.
Die Fleischerei Wolf ist kein typischer Handwerksbetrieb, sondern gehört zu den zehn größten Herstellern von Fleisch- und Wurstwaren in Deutschland. Natürlich ist sie auch eine Vorreiterin bei der Produktion von der Thüringer Zitronenbratwurst.
Bei einem anderen Großhersteller fand ich die Rezeptur für eine Thüringer Zitronenroster: Zutaten: Schweinefleisch, Trinkwasser, Kochsalz, Gewürze, Zitronenpulver, Stabilisator (Natriumacetat), Säuerungsmittel (Citronensäure), Maltodextrin, Hefeextrakt. Nicht unbedingt appetitlich, was den Stabilisator und andere Zusatzstoffe betrifft. Also lieber zum Fleischer des Vertrauens gehen und ihn nach den Zutaten fragen.
Wir sind ja gesegnet mit behördlichen Verordnungen. Eine solche gibt es natürlich auch für die Thüringer Bratwurst, ohne jedoch Hefeextrakte und andere Hilfsmittel in Frage zu stellen oder gar zu erwähnen.
Auch die bayerische Großfleischerei Wolf bezieht sich auf diese EU-Richtlinie und zitiert: „Die echte Thüringer Bratwurst darf nach EU-Verordnung nur in Thüringen hergestellt werden, worüber auch der Herkunftsverband Thüringen wacht. Außerdem muss die Thüringer Rostbratwurst eine Länge von 15 bis 20 Zentimetern aufweisen und als lange, mittelfeine Wurst verkauft werden.“
Der Fehler in dieser Beschreibung liegt jedoch in der Bezeichnung „mittelfeine Wurst“. Denn sie darf durchaus auch grob sein. Ich bezweifle jedoch, dass eine Original Thüringer Bratwurst nach traditionellem Rezept so fein wie eine Brühwurst sein sollte.
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Ich möchte nicht an allem mäkeln, denn der Geschmack der Thüringer Zitronenbratwurst von Wolf war überzeugend.
Ja, regelrecht delikat mit der Tessiner Senfsoße Grüne Feige und eine echte Bereicherung für die Welt der Thüringer Bratwurst. Man sollte diese besondere Bratwurst jedoch nicht zu heftig braten oder grillen. Denn die dadurch entstehenden Röstaromen verdecken die feinen Zitronenaromen und dominieren den Wurstgeschmack.
Diese äußerst interessante Thüringer Zitronenbratwurst war jedoch weder mittelfein noch grob. Denn das Brät war so fein gekuttert, wie es sich für eine Brühwurst – zum Beispiel Bockwurst, Lyoner oder Fleischwurst – gehört
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Natürlich habe ich auch eine Vergleichsprobe mit der normalen Thüringer Bratwurst dieses bayerischen Wurstbetriebs gemacht.
Das Brät war in seiner Körnung identisch mit der Thüringer Zitronenbratwurst aus gleicher Herstellung. Echte Thüringer Bratwurst hat jedoch eine andere Konsistenz. Die Körnung fängt meines Erachtens bei 1,5 mm an und kann Stückgrößen bis zu 4-5 mm enthalten.
Der Unterschied beim Wurstgenuss liegt im Biss, und auch geschmacklich ist eine grobe oder mittelfeine Bratwurst differenzierter, da die Vermischung der einzelnen Zutaten nicht so intensiv ist. Ja, man sieht schon durch den Darm den Inhalt der Wurst und die Partikel der Gewürze.
Die EU-Registrierung zum Schutz von geografischen Angaben hat einen Makel. Sie enthält keine detaillierten Angaben zu den Konservierungsstoffen, was natürlich ist, da der Antrag vom Thüringer und Eichsfelder Wurst- und Fleisch e. V. gestellt wurde. Den Mitgliedern dieses Lobbyverbands müsste jedoch bekannt sein, dass historisch die Thüringer Bratwurst grob war.
Und dies aus gutem Grund. Denn dieser liegt in ihrer über 600-jährige Geschichte.
Eines der ersten Reinheitsgebote weltweit galt der Thüringer Bratwurst und wurde 1432 in der Weimarer Fleischhauerordnung für Leber-, Brat- und andere Würste niedergelegt. Damals konnte man jedoch noch nicht so fein kuttern wie heute. Also war das Brät der Würste maximal mittelfein, aber eher grob. Auch Hefeextrakte und andere Hilfsstoffe waren unbekannt. Wer sich auf Tradition beruft sollte diese auch beachten. Sonst könnte man doch von irreführender Werbung sprechen. Oder?
Auch wenn ich die Konsistenz für eine Bratwurst zu fein finde, hat die Thüringer Zitronenbratwurst von Wolf doch einen sehr angenehmen Geschmack. Ja, ich vermute, dass dieser in einem groben Brät nicht so gut zur Geltung käme, weil die Vermischung der Zutaten anders funktioniert. Und so könnten wie bis zum jüngsten Tag weiter über die Wurst und die Thüringer Zitronenbratwurst im Speziellen philosophieren.
Sollten Sie sich für Bratwürste aller Art und die Imbisskultur im Besonderen interessieren, so schauen Sie auf die Rubrik IMBISS auf meinem Blog.